Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom)

Synonyme: Maligne Tumoren des Ovars, Ovarialkarzinom
Eierstockkrebs, Ovarialkarzinom, Maligne Tumoren des Ovars

Der Begriff Eierstockkrebs oder Ovarialkarzinom beschreibt sämtliche bösartige Geschwulstbildungen in den Eierstöcken – in der Fachsprache spricht man von malignen Tumoren des Ovars. Je nachdem, von welchem Gewebe die bösartigen Zellen ihren Ursprung nehmen, werden verschiedene Tumorarten unterschieden: Ovarialkarzinome, Keimstrangstromatumoren, Keimzelltumoren und sogenannte Borderlinetumoren.

Das Ovarialkarzinom, ein bösartiger Tumor, der vom Oberflächenepithel des Eierstocks ausgeht, stellt mit Abstand die häufigste Form von Eierstockkrebs dar. Der Einfachheit halber beziehen sich alle weiteren Ausführungen auf diese Tumorart, die Begriffe „Ovarialkarzinom“ und „Eierstockkrebs“ werden synonym gebraucht.

Eierstockkrebs ist die sechshäufigste bösartige Erkrankung bei Frauen und steht an zweiter Stelle bei den bösartigen Tumoren der weiblichen Geschlechtsorgane (am häufigsten: Endometriumkarzinom = Gebärmutterkörperkrebs). Typischerweise handelt es sich um eine Krebserkrankung des höheren Lebensalters – das mittlere Erkrankungsalter liegt bei über 60 Jahren – vereinzelt sind aber auch Frauen vor dem 45. Lebensjahr betroffen. Statistisch gesehen erkrankt 1 von 68 Frauen im Laufe ihres Lebens an Eierstockkrebs.

Die Ursachen für die Entstehung solcher bösartiger Tumore im Eierstock sind bisher noch weitgehend unbekannt. Es existieren aber verschiedene Faktoren und erbliche Vorbelastungen (= genetische Prädisposition), die das Risiko, an einem Ovarialkarzinom zu erkranken, deutlich erhöhen.

Wie bei sämtlichen Krebserkrankungen gilt auch für Eierstockkrebs: je früher er diagnostiziert wird, desto größer sind die Chancen auf Heilung. Die Lage der Eierstöcke im Bauchraum bedingt aber, dass dort entstehende Tumoren genügend Platz haben, um sich ungehindert auszubreiten, ohne dass sie andere Organe in ihrer Funktion beeinträchtigen. Dadurch wird ein Großteil der Ovarialkarzinome erst im fortgeschrittenen Stadium entdeckt. Uncharakteristische Symptome wie Völlegefühl, Blähungen, Unterleibsschmerzen, häufiges Wasserlassen, ungewollter Gewichtsverlust und allgemeine Leistungsschwäche sollten daher bei älteren Frauen und solchen mit familiärer Belastung zügig Anlass zu weiterer Diagnostik geben (Einzelheiten siehe unter Symptome).

Auch wenn mittlerweile moderne und umfassende Therapiekonzepte bestehend aus operativem Vorgehen und anschließender medikamentöser Behandlung existieren, ist die Prognose des Ovarialkarzinoms eher schlecht (Einzelheiten siehe unter Therapie). Nach dem Brustkrebs ist Eierstockkrebs die häufigste tödliche gynäkologische Krebserkrankung. Aus diesem Grund sollte sich jede Frau unbedingt in regelmäßiger frauenärztlicher Betreuung befinden und etwaige Symptome frühzeitig ernst nehmen.

Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom): Inhaltsverzeichnis

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Ursachen Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom)

Die genauen Ursachen für die Entstehung von Eierstockkrebs konnten bis heute noch nicht eindeutig geklärt werden. Einige Risikofaktoren scheinen aber die Entwicklung solcher Tumoren zu begünstigen. Dazu zählen ein höheres Lebensalter, schädliche Umwelteinflüsse, eine ungesunde Ernährungsweise, starkes Übergewicht und Unfruchtbarkeit bzw. gewollte Kinderlosigkeit. Auch eine Hormonersatztherapie während und nach den Wechseljahren erhöht laut Studien das Karzinomrisiko.

Man nimmt an, dass die Vorgänge beim monatlichen Eisprung eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Eierstockkrebs spielen. Wird der Eisprung nämlich über längere Zeiträume unterdrückt, zum Beispiel durch langfristige Einnahme der Pille oder frühe und zahlreiche Schwangerschaften, führt dies zu einer deutlichen Risikoreduktion.

Neben den oben genannten Risikofaktoren konnten bestimmte Veränderungen der Erbinformation, sogenannte Genmutationen, identifiziert werden, die mit einem erhöhten Ovarialkarzinomrisiko einhergehen. In solchen Fällen zeigt sich eine familiäre Häufung von Eierstockkrebs, insbesondere in jüngerem Lebensalter und oft in Kombination mit anderen Krebsarten. Man spricht dann von sogenannten Tumorsyndromen. Die zwei wichtigsten in Bezug auf das Ovarialkarzinom sind das familiäre Brust- und Eierstockkrebssyndrom (HBOC) und das familiäre nichtpolypöse Kolonkarzinom-syndrom (HNPCC), auch Lynch-Syndrom genannt. Bei beiden Syndromen ist die Mehrheit der Genmutationen bekannt (Stichworte: BRCA-1/-2, MLH1, MSH2, MLH3, MSH6), so dass Betroffenen bei Verdacht auf das Vorliegen eines solchen Syndroms eine genetische Beratung mit eventueller Gentestung angeboten werden sollte. Die Bestätigung einer erblichen Vorbelastung (= genetische Prädisposition) bietet Betroffenen nämlich die Chance auf ein individuelles und vor allem vorbeugendes (= präventives) Behandlungskonzept (Einzelheiten siehe unter Vorsorge).

Symptome und Anzeichen

Eierstockkrebs zeichnet sich durch eine lange symptomfreie Zeit aus, da die Bauchhöhle ihm viel Platz für ein ungestörtes Wachstum bietet. Dadurch werden etwa 70 % aller Ovarialkarzinome erst im fortgeschrittenen Stadium entdeckt. Es existiert aber eine Reihe von uncharakteristischen Symptomen, die Warnsignale darstellen können und Anlass für einen Besuch beim Frauenarzt geben sollten.

Dazu zählen allgemeine Leistungsschwäche und andauernde Müdigkeit, unklare Unterbauchschmerzen, Völlegefühl, Blähungen, Verstopfung, häufiges Wasserlassen und Blutungsstörungen oder Blutungen nach den Wechseljahren. Im fortgeschrittenen Stadium lässt sich häufig auch eine Zunahme des Bauchumfangs trotz Gewichtsverlust beobachten.

Sämtliche der oben genannten Symptome können auf Eierstockkrebs hindeuten, sind aber häufig ebenfalls Ausdruck anderer, gutartiger Erkrankungen. In jedem Fall sollte bei entsprechenden Beschwerden eine zügige Abklärung durch den Frauenarzt erfolgen, denn je früher ein Ovarialkarzinom erkannt wird, desto günstiger ist seine Prognose.

Diagnose

Nach einer eingehenden Befragung hinsichtlich der aktuellen Beschwerden und der allgemeinen Krankengeschichte (= Anamneseerhebung) führt der Frauenarzt als erste diagnostische Maßnahme eine gynäkologische Tast- und Spiegeluntersuchung durch. Dabei kann er Veränderungen an den inneren Geschlechtsorganen eventuell bereits ertasten oder sogar sehen.

Im Anschluss daran erfolgt die wichtigste und gleichzeitig einfachste, schmerzlose und überall verfügbare apparative Untersuchungsmethode, nämlich die Ultraschalluntersuchung über die Scheide (= transvaginale Sonographie). Dabei können sämtliche inneren Geschlechtsorgane, insbesondere die Eierstöcke sehr viel genauer von innen betrachtet werden. Besteht nach dieser Untersuchung weiterhin der dringende Verdacht auf eine sogenannte ovarielle Raumforderung folgen zumeist weitere bildgebende Untersuchungen, um zusätzliche Hinweise auf Art und Ausdehnung des Tumors und den möglichen Befall anderer Organe zu erhalten. Zu diesen Bildgebungen zählen die Computertomographie (CT), die Magnetresonanztomographie (MRT) und die Positronen-Emissionstomographie (PET) sowie Blasen- und Darmspiegelung.

Inwieweit diese apparativen Untersuchungen notwendig und sinnvoll sind, sollten Betroffene in Ruhe mit den behandelnden Ärzten besprechen. Bisher gibt es zwar keine wissenschaftlichen Belege, dass diese Bildgebungen den Krankheitsverlauf verbessern oder die Sterblichkeit vermindern, sie können aber bei bestimmten Fragestellungen, insbesondere vor einer anstehenden Operation, sinnvoll sein.

Sämtliche Untersuchungsmethoden können nur den Verdacht auf Eierstockkrebs erhärten, die endgültige Diagnose erfordert in jedem Fall eine Operation. Dabei entnimmt der Operateur Gewebeproben aus verdächtigen, aber auch aus makroskopisch unauffälligen Arealen und lässt diese feingeweblich untersuchen. In der Regel erfolgt die Ergebnismitteilung des Pathologen noch während der diagnostischen Operation. Dies ermöglicht, sowohl Diagnose wie auch daraus resultierende Behandlungsschritte während einer einzigen Operation durchzuführen (= einzeitiges Vorgehen).

Differentialdiagnose

Besteht der Verdacht auf eine ovarielle Raumforderung, ist dies nicht gleichzusetzen mit einem bösartigen Tumor. Die Mehrheit aller Tumoren im Eierstock ist nämlich gutartig. Am häufigsten sieht man sogenannte Ovarialzysten – sackartige Hohlräume, die mit dünn- oder dickflüssigem Inhalt gefüllt sind und recht groß werden können (Stichworte: funktionelle Zysten, Retentionszysten, Dermoidzysten). Insbesondere bei älteren Frauen muss in einem solchen Fall aber immer auch an ein Ovarialkarzinom gedacht werden.

Selten finden sich Metastasen (= Tochtergeschwülste) anderer Krebsarten in den Eierstöcken, zum Beispiel von Magen-, Darm- oder Brustkrebs. Diese haben nichts mit dem eigentlichen Eierstockkrebs zu tun und werden entsprechend der diagnostizierten Krebsart therapiert.

Therapie und Behandlung

Um nachfolgende Therapiekonzepte adäquat planen zu können, müssen bösartige Tumoren und ihre Ausbreitung so genau wie möglich beschrieben und klassifiziert wer   den. In der Fachsprache bezeichnet man diesen Vorgang als Staging. Es gibt verschiedene Staging-Klassifikationen, die sowohl die lokale Ausbreitung des Tumors wie auch den möglichen Befall von Nachbarorganen und Lymphknoten und das eventuelle Vorhandensein von Fernmetastasen erfassen (Stichworte: FIGO-Klassifikation, TNM-Klassifikation).

Die bei einem bestätigten Ovarialkarzinom notwendige Operation ist ein schwerwiegender und umfassender operativer Eingriff, bei dem unter anderem beide Eierstöcke und Eileiter sowie die Gebärmutter und verschiedene Lymphknotenpakete entfernt werden müssen. Das Ziel dieser sogenannten Debulking-Operation besteht darin, das komplette sichtbare Tumorgewebe zu entfernen (= makroskopische Komplettresektion), um die Prognose für die Patientin zu optimieren.

Auf die operative Therapie folgt in der Regel eine medikamentöse Behandlung in Form einer adjuvanten systemischen Chemotherapie (adjuvant = unterstützend, ergänzend; systemisch = im gesamten Körper wirksam). Die Verabreichung sogenannter Zytostatika (= Zellwachstumshemmer) hat das Ziel, eventuell verbliebene Krebszellen abzutöten und damit die Überlebensaussicht zu verbessen bzw. den Krankheitsverlauf zu verlangsamen. Die First-line-Chemotherapie (= 1. Wahl) beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom umfasst 6 Zyklen Carboplatin und Paclitaxel, eventuell kombiniert mit dem Antikörper Bevacizumab.

Abweichungen dieser Therapieempfehlung sind natürlich möglich und manchmal auch notwendig. Behandlungskonzepte müssen daher immer individuell zusammen mit der Patientin durch spezialisierte Gynäkoonkologen (= Fachärzte für Krebserkrankungen der Frau) festgelegt und durchgeführt werden. Als Maß für den Therapieerfolg sollte in erster Linie die Lebensqualität der Betroffenen gelten.

Unverzichtbares Element bei der ganzheitlichen Behandlung von Ovarialkarzinomen ist, wie bei allen Krebserkrankungen, die sogenannte Supportivtherapie. Ziel dieser unterstützenden Maßnahmen stellt die Linderung von Begleiterscheinungen der Erkrankung sowie der durchgeführten Therapien dar. Zum einen sollen Nebenwirkungen der Behandlungen und krebstypische Krankheitsfolgen gemildert, zum anderen auch seelische Folgen der Erkrankung aufgefangen werden (Einzelheiten siehe „Patientenleitlinie“ der AWMF).

Vorsorge

Die Mehrheit der Ovarialkarzinome wird erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert und besitzt eine dementsprechend schlechte Prognose. Aus diesem Grund ist die Frage nach generellen Früherkennungsuntersuchungen berechtigt. Wissenschaftliche Studien haben bisher aber gezeigt, dass ein derartiges Screening (= Reihenuntersuchung) mit Bestimmung des Tumormarkers CA-125 und der Transvaginalsonographie weder in der Normalbevölkerung noch bei genetisch vorbelasteten Frauen mit einem Überlebensvorteil einhergeht (= keine Senkung des Mortalitätsrisikos). Zur Zeit laufen noch diverse Studien zu diesem Thema – erst nach Abschluss und Auswertung dieser Daten kann eine endgültige Aussage über Sinn und Nutzen eines Screenings auf Eierstockkrebs getroffen werden.

Wissenschaftlich anerkannt ist dagegen die Möglichkeit einer prophylaktischen Operation in Form einer beidseitigen Entfernung von Eierstock und Eileiter (= bilaterale Salpingo-Oophorektomie ) bei genetisch vorbelasteten Frauen.

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Quellen/Redaktion

Autor:

Christine Yahya

Medizinisches Review:

Derzeit in Bearbeitung


Quellen:

AWMF-Leitlinienprogramm Onkologie: S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie, Nachsorge maligner Ovarialtumoren, 2013

Klinikleitfaden Gynäkologie & Geburtshilfe, Urban & Fischer 2012