Schwindel (Vertigo)

Synonyme: Vertigo
Schwindel, Vertigo

Unter Schwindel (Vertigo) wird eine Störung des Gleichgewichtssinns verstanden, die zum Verlust der räumlichen Orientierung führt. Es handelt sich folglich nicht um eine Krankheit, sondern um ein Symptom, dem sowohl unterschiedliche Krankheiten als auch normale Körperreaktionen zugrunde liegen können. Der Begriff ist sehr allgemein und umfasst viele verschiedene Arten von Schwindel. Man kann sich fühlen, als fahre man in einem Karussell (Drehschwindel) oder als sei man auf einem wild schaukelnden Schiff (Schwankschwindel). Auch das Gefühl der Gangunsicherheit oder der Benommenheit werden dem Begriff Schwindel zugeordnet.

Menschen orientieren sich mit Hilfe ihrer Augen, ihrer Ohren mitsamt dem Gleichgewichtsorgan und spezieller Bewegungssensoren in den Muskeln. Im Gehirn werden die aus diesen Organsystemen zugeleiteten Informationen verarbeitet. Kommt es zu einer Störung in einem Teil des Gefüges und die dem Gehirn gesendeten Informationen passen nicht mehr zusammen, so führt dies zum Gefühl des Schwindels.

Schwindel (Vertigo): Inhaltsverzeichnis

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Ursachen Schwindel (Vertigo)

Sei es bei einer Karussellfahrt, auf einer kurvigen Bergstraße oder beim zu schnellen Aufstehen vom Sofa – die meisten haben schon einmal Schwindelgefühle erlebt. Hierbei handelt es sich um eine normale Reaktion des Körpers auf gewisse Reize. Diesem unangenehmen Gefühl kann allerdings auch eine Krankheit zugrunde liegen. Über unsere Augen, Ohren, das Gleichgewichtsorgan und Sensoren des Bewegungsapparates orientieren wir uns im Raum. Die wahrgenommenen Sinnenempfindungen werden an unser Gehirn weitergeleitet, welches die unterschiedlichen Informationen registriert und bearbeitet. Wird ein Teil dieses Systems gestört, widersprechen sich die dem Gehirn zugeleiteten Informationen und es kommt zum Gefühl des Schwindels.

Mediziner teilen das Symptom Schwindel gemäß seiner Ursachen ein. Zunächst werden Schwindelarten, welche mit dem Gleichgewichtsorgan zusammenhängen (vestibulär) unterschieden von solchen, welche dies nicht tun (nicht-vestibulär). Das Gleichgewichtsorgan liegt im Bereich des Innenohrs und registriert Lage und Bewegungen unseres Kopfes. Über den Gleichgewichtsnerven werden die gewonnenen Informationen an verschiedene Bereiche des Gehirns übermittelt. Tritt eine Störung des Gleichgewichtsorgans im Innenohr oder des Gleichgewichtsnervs auf, so spricht man von peripher vestibulären Schwindel. Liegt das Problem hingegen in den verarbeitenden Gehirnarealen, so handelt es sich um zentral vestibulären Schwindel. Zu den Krankheiten, die am häufigsten einen peripher vestibulären Schwindel verursachen, gehören der Benigne paroxysmale Lagerungsschwindel, der Morbus Menière oder eine Entzündung des Gleichgewichtsnervs. Zentral vestibulärer Schwindel wird unter anderem durch Durchblutungsstörungen oder Tumoren des Gehirns oder die sogenannte vestibuläre Migräne hervorgerufen.

Informationen zu den genannten Erkrankungen entnehmen Sie bitte den zugehörigen Artikeln.
Davon abgegrenzt wird der nicht-vestibuläre Schwindel. Ihm liegen Störungen des Gleichgewichtssystems zugrunde, die nicht im Zusammenhang mit dem Gleichgewichtsorgan stehen. Dazu gehören zum Beispiel Nervenschäden der Bewegungssensoren (Neuropathie), Probleme der Augen wie eine Fehlsichtigkeit oder eine neue Brille oder Störungen des Herz-Kreislaufsystems. Ein unregelmäßig schlagendes Herz (Herzrhythmusstörungen) oder zu schnelles Aufstehen führen manchmal zu einer Unterversorgung des Gehirns mit Blut. Dies wird dann als Benommenheit oder als Schwarzwerden vor den Augen wahrgenommen. Auch psychische Krankheiten können an der Entstehung von Schwindel beteiligt sein (z.B. Phobischer Schwankschwindel). Eine häufige Schwindelform stellt der sogenannte multimodale Altersschwindel dar. Er ist auf eine Kombination aus Verfallsprozessen zurückzuführen. Eine Abnahme des Sehvermögens, der Untergang von Nervenzellen, ein eingeschränktes Gehvermögen und verschiedene Medikamente führen bei älteren Personen zu Unsicherheiten in der räumlichen Orientierung.

Symptome und Anzeichen

Schwindel ist nicht gleich Schwindel. Beim Drehschwindel fühlen sich Betroffene wie in einem Karussell. Er geht oft mich schwerer Übelkeit und Erbrechen einher. Der Schwankschwindel vermittelt das Gefühl, als befinde man sich auf einem schaukelnden Schiff.

Auch die Gangunsicherheit im Raum wird dem Symptom Schwindel zugeordnet. Hier ist allerdings der Kopf klar und es kommt nur beim Gehen zu den Beschwerden. Es fühlt sich so an, als trete man ins Leere und müsse sich an etwas festhalten. Übelkeit und Erbrechen sind hier nicht vorhanden.

Davon abzugrenzen ist die Unsicherheit im Raum ohne klaren Kopf. Hierbei fühlen sich die Patienten benommen, nehmen aber kein Schwanken oder Drehen wahr.

Nicht nur die Art des Schwindels, sondern auch die Dauer der Schwindelattacken unterscheiden sich. Je nach zugrundeliegender Krankheit halten die Attacken Sekunden, Stunden oder sogar über mehrere Tage an. Dazu gesellen sich verschiedene Begleitsymptome. Diese reichen von Hörstörungen, schnellen Augenbewegungen (Nystagmus), Sehstörungen und Brennen in den Beinen über Herzklopfen bis hin zu Nackenschmerzen oder Angstgefühlen.

Diagnose

Eine Ausführliche Befragung des Patienten ist der erste Schritt, um der Ursache des Schwindels auf den Grund zu gehen. Wertvolle Informationen sind die Art des Schwindels (Drehschwindel, Schwankschwindel, Gangunsicherheit, Benommenheit), die Auslöser und Dauer der Schwindelattacken sowie begleitende Beschwerden. Handelt es sich zum Beispiel um einen Drehschwindel, der durch Kopfbewegungen ausgelöst wird und nur Sekunden anhält, so ist die Diagnose des Benignen Paroxysmalen Lagerungsschwindels wahrscheinlich. Dabei handelt es sich um eine Störung im Gleichgewichtsorgan und die häufigste ungefährliche Schwindelursache. Halten die Drehschwindelattacken Minuten bis Stunden an und bestehet gleichzeitig eine Taubheit und ein Ohrgeräusch, so ist die Menière-Krankheit die wahrscheinlichste Ursache.

Bei der körperlichen Untersuchung werden alle Organsysteme betrachtet, die zur Orientierung im Raum beitragen. Da auch das Herz-Kreislauf-System zu Schwindel führen kann, wird zudem der Blutdruck gemessen, das Herz abgehört und ein EKG geschrieben.

In unklaren Fällen kann ein HNO-Arzt die Funktion des Gleichgewichtsorgans testen. Dabei werden zum Beispiel mit Hilfe einer Vergrößerungsbrille die Augenbewegungen beobachtet oder spezielle Lagerungsmanöver durchgeführt.
Um ungefährliche von gefährlichen Schwindelursachen zu unterscheiden, wird der Arzt verschiedene neurologische Tests durchführen. Bei begründetem Verdacht auf einen Prozess im Gehirn können bildgebende Verfahren wie ein CT oder ein MRT notwendig sein.

Therapie und Behandlung - Was tun?

Zunächst gilt es, die Ursache des Schwindels zu beseitigen. Je nach Krankheit sind dies medikamentöse Therapien oder spezielle Bewegungen. Beim Benignen Paroxysmalen Lagerungsschwindel zum Beispiel können bestimmte Lagerungsmanöver zur Beschwerdefreiheit führen.

Um Erleichterung im akuten Anfall zu erreichen, können Medikamente gegen Schwindel, Übelkeit und Erbrechen verabreicht werden. Verwendung finden Substanzen wie Dimenhydrinat, Cinnarizin, Betahistidin oder Flunarizin. Einige dieser Medikamente können schläfrig machen oder andere Nebenwirkungen haben. Im Allgemeinen gilt, sie so kurz wie möglich und nicht länger als drei Tage einzunehmen. Wird der Schwindel zu lange unterdrückt, so werden die normalen Anpassungsvorgänge des Gleichgewichtsorgans und des Gehirns beeinträchtigt.

Bei Schwindelarten, die auf einer Störung im Gleichgewichtsorgan und den nachgeschalteten Strukturen (vestibulärer Schwindel) beruhen, sollten Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt werden. Mit Hilfe von Gleichgewichtsübungen und Physiotherapie lernt der Körper schneller, mit dem Schwindel umzugehen.

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Weitere Informationen

Übersicht: Alle Symptome von A bis Z

Quellen/Redaktion

Autor:

Simone Lieberknecht

Medizinisches Review:

Derzeit in Bearbeitung


Quellen:

Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln

Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch, De Gruyter, Berlin