Chlamydien

Synonyme: Chlamydien-Infektionen, Chlamydiosen, Infektion mit Cp. psittaci, Ornithose, Papageienkrankheit, Psittakose
Chlamydien-Infektionen, Chlamydiosen, Infektion mit Cp. psittaci, Ornithose, Papageienkrankheit, Psittakose

Die Bezeichnung „Chlamydiosen“ fasst sämtliche Erkrankungen zusammen, die durch die Bakterienarten Chlamydia trachomatis, Chlamydophila psittaci, Chlamydophila pneumonie und neuerdings auch Simkania negevensis hervorgerufen werden. Je nach Erregerart entwickeln sich bevorzugt Infektionen der Harnwege und der Geschlechtsorgane (= urogenitale Infektionen), der Atemwege und der Lunge (= respiratorische Infektionen) oder der Augen (= ophthalmische Infektionen).

Ist in der Allgemeinbevölkerung von „Chlamydien“ die Rede, meint man in der Regel die durch Chlamydia trachomatis verursachten Geschlechtskrankheiten (STD = sexually transmitted diseases, STI = sexually transmitted infections), die weltweit zu den häufigsten sexuell übertragbaren Erkrankungen zählen. Aus diesem Grund beziehen sich alle weiteren Ausführungen auf die urogenitalen Infektionen mit C. trachomatis (Serotypen D-K), die anderen Chlamydiosen werden vorab lediglich kurz erläutert.

Chlamydophila psittaci verursacht die sogenannten Ornithose, auch Psittakose oder Papageienkrankheit genannt. Eigentlich handelt es sich um eine Infektionskrankheit unter Vögeln, eine Übertragung auf den Menschen ist aber bei sehr engem Kontakt mit infizierten Tieren oder durch Einatmen von erregerhaltigem Vogelkot möglich. Die Erkrankung nimmt beim Menschen einen grippeähnlichen Krankheitsverlauf oder verursacht eine sogenannte atypische Pneumonie (= Lungenentzündung). Eine Ansteckung mit der Ornithose von Mensch zu Mensch konnte bisher nicht nachgewiesen werden.

Infektionen mit Chlamydophila pneumonie und Simkania negevensis betreffen hauptsächlich den Respirationstrakt (= Atemwege / Lunge) und können unterschiedlich schwer verlaufen. Sie reichen von einer milden Rachen- (= Pharyngitis) oder Nasennebenhöhlenentzündung (= Sinusitis) über eine Entzündung der Bronchien (= Bronchitis) bis hin zur schweren Lungenentzündung (= Pneumonie), insbesondere bei älteren und abwehrgeschwächten Menschen.

Erregerreservoir für beide Bakterienarten ist der Mensch, die Übertragung der Keime findet mittels Tröpfcheninfektion beim Husten, Sprechen oder Niesen und durch Speichelkontakt statt. Infektionen insbesondere mit Chlamydophila pneumonie sind weltweit verbreitet.

Das umgangssprachlich nur als „Chlamydien“ bezeichnete Bakterium Chlamydia trachomatis umfasst drei Untergruppen, sogenannte Serotypen, die verschiedene Krankheitsbilder hervorrufen. Die Serotypen A-C verursachen das Trachom, eine vor allem in den Tropen unter mangelhaften hygienischen Bedingungen weit verbreitete chronische und häufig wiederkehrende (= rezidivierende) Erkrankung der Bindehäute („Einschlusskörperchen-Konjunktivitis“) und Hornhäute des Auges. Das Trachom stellt die weltweit häufigste entzündliche Augenerkrankung dar und ist nach dem Katarakt (= Grauer Star) die zweithäufigste Ursache für Erblindungen.

Die Serotypen L1-L3 verursachen eine ebenfalls bevorzugt in den Tropen vorkommende Geschlechtskrankheit, das sogenannte Lymphogranuloma venereum (= Lymphogranuloma inguinale, Durand-Nicolas-Favre-Krankheit). Betroffen sind vor allem jüngere, sexuell aktive Menschen mit niedrigem sozialem Status.

Die Serotypen D-K haben weltweit und insbesondere auch in Deutschland die größte humanpathogene (= den Menschen krank machend) Bedeutung, da sie zu den häufigsten Erregern sexuell übertragbarer Infektionen gehören. In den Industriestaaten gelten Chlamydien als die häufigste bakterielle Ursache von sogenannten Urogenitalinfektionen, also Entzündungen im Bereich der Harnwege und der Geschlechtsorgane (Einzelheiten siehe unter Symptome).

Seltener verursachen diese Serotypen auch die sogenannte „Schwimmbadkonjunktivitis“, die trotz des irreführenden Namens eher durch bestimmte sexuelle Aktivitäten ausgelöst wird als durch verunreinigtes Badewasser (in äußerst seltenen Fällen ist dies aber tatsächlich möglich).

Chlamydieninfektionen gehören in Deutschland nicht zu den meldepflichtigen Erkrankungen. Daher existieren über die Zahl der Neuerkrankungen nur Schätzungen, man geht aber davon aus, dass sich pro Jahr etwa 300.000 Menschen mit Chlamydien infizieren, insbesondere jüngere, sexuell aktive Personen mit erhöhtem Risikoverhalten.

Erregerreservoir für sämtliche Serotypen von Chlamydia trachomatis ist der Mensch, die Ansteckung erfolgt entweder durch Schmierinfektionen (= Kontakt mit erregerhaltigem Sekret) oder Fliegen beim Trachom oder aber durch ungeschützten Geschlechtsverkehr und perinatal (= „um die Geburt herum“) von einer infizierten Mutter auf ihr Kind.

Chronische Chlamydieninfektionen zählen bei Frauen zu den wichtigsten Gründen für Schwangerschaften außerhalb der Gebärmutter (= Extrauteringravidität) und eine ungewollte Kinderlosigkeit (Unfruchtbarkeit = sekundäre Sterilität).

Chlamydien: Inhaltsverzeichnis

Werbung

Ursachen Chlamydien

Verantwortlich für Infektionen im Bereich der Harnwege bzw. der Geschlechtsorgane sind die Serotypen DK des Bakteriums Chlamydia trachomatis. Die Erreger kommen weltweit vor und werden nur von Mensch zu Mensch durch ungeschützten Geschlechtsverkehr oder unter der Geburt von einer infizierten Mutter auf ihr Kind übertragen.

Symptome und Anzeichen

Von der Erstinfektion bis zum Auftreten möglicher Krankheitszeichen (= Inkubationszeit) vergehen etwa 1-3, selten auch bis zu 6 Wochen.

In der Mehrzahl der Fälle verläuft die Infektion asymptomatisch, das bedeutet sie löst keinerlei Symptome aus und bleibt folglich von den Betroffenen unbemerkt. Untersuchungen zufolge zeigen bis zu 80 % der Frauen bzw. 50 % der Männer einen derartigen Krankheitsverlauf. In der Folge stellen diese asymptomatischen Chlamydienträger eine ständige Infektionsquelle für ihre Sexualpartner dar.

Wird die Erkrankung symptomatisch, sind bei Frauen bevorzugt die inneren Geschlechtsorgane betroffen, bei Männern die ableitenden Harnwege.

Häufig beginnt die Entzündung bei Frauen im Bereich des Gebärmutterhalses mit einer sogenannten Zervizitis, die aber meist bis auf eventuellen leichten gelblichen Ausfluss (= eitriger Fluor vaginalis) keine Beschwerden verursacht. Bleibt die Infektion unerkannt und somit unbehandelt, können sich die Erreger weiter über die inneren Geschlechtsorgane ausbreiten und diese infizieren. Folgen sind Entzündungen von Gebärmutter (= Endometritis) bzw. Eileiter und Eierstöcken (= Adnexitis), die zu Verklebungen und dadurch dauerhaftem Funktionsverlust der Eileiter führen können (= Unfruchtbarkeit, sekundäre Sterilität). Derartige Infektionen der inneren Geschlechtsorgane äußern sich unter anderem mit Unterbauchschmerzen, blutigem Ausfluss, Zwischenblutungen und je nach Schweregrad auch mit Fieber. Im schlimmsten Fall kann die Entzündung auf den gesamten Bauchraum, insbesondere auf das Bauchfell im Bereich der Leber (= Perihepatitis = Fitz-Hugh-Curtis-Syndrom) übergreifen. Ist das gesamte kleine Becken betroffen, spricht man auch von einer PID = pelvic inflammatory disease.

Neben einer Infektion der Geschlechtsorgane kann es bei Frauen ebenfalls zu einer Entzündung der Harnröhre (= Urethritis) kommen, die aber in der Regel sehr milde verläuft und häufig unbemerkt bleibt.

Bei Männern befallen Chlamydien bevorzugt die ableitenden Harnwege. Eine Infektion macht sich daher zumeist in Form einer sogenannten Urethritis, also einer Entzündung der Harnröhre, bemerkbar. Betroffene beklagen ein Druckgefühl bzw. Schmerzen und Brennen beim Wasserlassen (= Dysurie) und eventuell einen eitrigen Ausfluss (= eitriger Fluor genitalis/urethralis) aus der Harnröhre. In milden Fällen beschränkt sich der Harnröhrenausfluss auf das sogenannte morgendliche „Bonjour-Tröpfchen“.

Unbehandelt kann sich die Entzündung weiter auf die Prostata (= Prostatitis) und die Nebenhoden (= Epididymitis) ausbreiten. Insbesondere die Nebenhodenentzündung ist extrem schmerzhaft und führt die Betroffenen spätestens dann zum Arzt. Auch beim Mann kommt eine unbehandelte Chlamydieninfektion als Ursache für eine neu aufgetretene Unfruchtbarkeit (= sekundäre Sterilität) in Frage.

Je nach sexuellen Gewohnheiten kann sich die Erkrankung auch in erster Linie als Entzündung des Enddarms (= Proktitis) oder des Rachenraums (= Pharyngitis) bemerkbar machen.

Darüber hinaus lässt sich gelegentlich als Folge einer akuten Chlamydieninfektion eine sogenannte reaktive Arthritis, also eine akute Gelenkentzündung von Knie, Sprung- und Zehengelenken, aber auch von Wirbelsäule und Kreuzbein beobachten. Treten diese Gelenkentzündungen in Kombination mit einer Harnröhren- und einer Bindehautentzündung auf, liegt also die Symptomtrias Arthritis, Urethritis und Konjunktivitis vor, spricht man auch vom Reiter-Syndrom.

Ist eine Schwangere mit Chlamydien infiziert, überträgt sie bei einer vaginalen Geburt in 60-70 % der Fälle die Erreger auf ihr Neugeborenes. Etwa die Hälfte dieser infizierten Kinder entwickelt eine akute Bindehautentzündung (= Konjunktivitis), während ungefähr ein Drittel an einer Lungenentzündung (= atypische Pneumonie) erkrankt.

Diagnose

Um eine Chlamydieninfektion zu diagnostizieren, ist der direkte Erregernachweis von Chlamydia trachomatis (Serotypen D-K) die Methode der Wahl. Am sichersten gelingt dies mit Hilfe sogenannter Nukleinsäure-Amplifikationstests (= NAT), bei denen die Erbsubstanz der Erreger nachgewiesen wird.

Als Testmaterial eignen sich Abstriche vom Gebärmutterhals (= Zervixabstrich), aus der Harnröhre (= Urethralabstrich) oder dem Bindehautsack (= Konjunktivalabstrich), je nach Beschwerdebild auch aus dem Enddarm (= Rektalabstrich) oder dem Rachenraum (= Pharyngealabstrich). Sind die Harnwege betroffen, lassen sich die Erreger auch im Urin nachweisen. Dabei wird aber nicht, wie sonst üblich der Mittelstrahlurin, sondern direkt die erste Urinportion untersucht, da diese am meisten Epithelzellen, in denen die Chlamydien überdauern, enthält.

Darüber hinaus können die Erreger zum Teil auch auf speziellen Nährböden direkt angezüchtet werden.

Bei Verdacht auf eine chronische Chlamydieninfektion, zum Beispiel beim Auftreten einer reaktiven Arthritis lassen sich zusätzlich zum direkten Erregernachweis auch Antikörper gegen Chlamydien im Blut nachweisen.

Differentialdiagnose

Aufgrund der Vielzahl der möglichen, in der Regel eher unspezifischen Symptome, müssen beim Verdacht auf eine Chlamydieninfektion eine Reihe anderer Erreger bzw. Ursachen für die bestehenden Beschwerden in Betracht gezogen und ausgeschlossen werden. Dazu gehören andere häufige Erreger von Harnwegsinfekten, aber auch Geschlechtskrankheiten wie zum Beispiel die Gonorrhoe.

Therapie und Behandlung

Urogenitale Chlamydieninfektionen lassen sich in der Regel gut mit Antibiotika behandeln. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass die Medikamente in ausreichender Dosierung und über einen hinreichend langen Zeitraum eingenommen werden. Die Dauer der Therapie richtet sich nach der Schwere der Erkrankung und beträgt zumeist zwischen 2 bis 3 Wochen. Im Falle einer reaktiven Arthritis ist eine vollständige Elimination der Erreger auch durch eine langfristige Antibiotika-Therapie nicht immer möglich, so dass die Erkrankung erneut zum Ausbruch kommen kann. Auch die PID als Komplikation einer unbehandelten chronischen Chlamydieninfektion stellt eine Herausforderung in der Therapie dar. Eine möglichst frühzeitige Diagnose und zeitnahe Behandlung der Infektion ist somit entscheidend für den Therapieerfolg.

Darüber hinaus ist eine Mitbehandlung der Sexualpartner der letzten 60 Tage essentiell, um wiederholte gegenseitige Ansteckungen (= Ping-Pong-Infektionen) bzw. eine Weitergabe der Erreger zu vermeiden. Im Behandlungszeitraum ist außerdem sexuelle Enthaltsamkeit geboten.

Vorsorge

Um den schwerwiegenden Komplikationen einer unerkannten Infektion mit Chlamydia trachomatis (Serotypen D-K) vorzubeugen, wird seit einigen Jahren ein sogenanntes Chlamydien-Screening für sexuell aktive Frauen unter 25 Jahren angeboten, das die meisten Krankenkassen mittlerweile erstatten. Asymptomatische Chlamydienträgerinnen können so identifiziert und behandelt werden, das Risiko der unwissentlichen Erregerverbreitung wird somit deutlich reduziert.

Neben sexuell aktiven jungen Frauen werden in Deutschland insbesondere Schwangere und Frauen vor einem Schwangerschaftsabbruch auf Chlamydien getestet, um schwerwiegende Komplikationen während der Schwangerschaft (eventuelle Fehl- und Frühgeburten) oder als Folge des Schwangerschaftsabbruchs (Risiko für das Auftreten eines PID deutlich erhöht) zu vermeiden.

Wie für alle sexuell übertragbaren Krankheiten gilt auch für die Chlamydieninfektion: Der einzig wirksame Schutz vor einer Ansteckung liegt in der konsequenten Anwendung von Kondomen und der Vermeidung ständig wechselnder Sexualpartner!

Werbung

Diesen Artikel drucken / teilen

Weitere Informationen

Übersicht: Alle Krankheiten von A bis Z

Quellen/Redaktion

Autor:

Christine Yahya

Medizinisches Review:

Derzeit in Bearbeitung


Quellen:

Dr. Gerd Herold – Innere Medizin 2014

RKI-Ratgeber für Ärzte – Chlamydiosen Teil 1 + Teil 2

Klinikleitfaden Gynäkologie & Geburtshilfe, Urban & Fischer 2012