Pankreatitis

Synonyme: Bauchspeicheldrüsenentzündung, Speichelstein
Pankreatitis, Bauchspeicheldrüsenentzündung

Entzündungen der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) können akut oder chronisch verlaufen. Akut bedeutet, dass die Entzündung plötzlich und unerwartet einsetzt; dabei kommt es zur Schädigung der Bauchspeicheldrüsenzellen und in der Folge zur Freisetzung von Stoffen, die den ganzen Körper schädigen können. Der Verlauf einer akuten Pankreatitis ist schwer voraussehbar und kann von in der Mehrzahl leichten Formen mit mildem Verlauf bis hin zu lebensbedrohlichen Formen reichen, die eine intensivmedizinische Überwachung notwendig machen. Neue Therapiekonzepte haben in den letzten Jahren zu einer deutlichen Senkung der Sterblichkeit geführt.

Die chronische Entzündung der Bauchspeicheldrüse beginnt dagegen meist schleichend, oft mit zunächst leichten Beschwerden, so dass sie längere Zeit auch übersehen werden kann. Durch immer wiederkehrende Entzündungsschübe wird das Bauchspeicheldrüsengewebe zunehmend zerstört und durch Bindegewebe umgebaut. Die Folge ist, dass die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) immer weniger Verdauungsenzyme und Insulin produziert. Es kommt zu Störungen der Verdauung und der Blutzuckerregulation. Sowohl die Verdauungsenzyme als auch die fehlenden Hormone (Insulin) können im Rahmen der Therapie zugeführt werden, so dass ein annähernd normales Leben geführt werden kann. Wenn es gelingt, auch die Ursache der Erkrankung zu beseitigen, kann der Verlauf verlangsamt werden. Eine völlige Ausheilung ist allerdings selten.

Pankreatitis: Inhaltsverzeichnis

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Ursachen Pankreatitis

Die häufigste Ursache einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung stellen Gallensteine dar, die den von der Galle und dem Pankreassekret gemeinsam genutzten Ausführungsgang verlegen. Der Pankreassaft kann nicht abfließen und staut sich in der Bauchspeicheldrüse. Durch den Stau werden die Verdauungsenzyme schon in der Bauchspeicheldrüse aktiviert und fangen an, das Pankreasgewebe zu verdauen. Die Bauchspeicheldrüse reagiert mit einer Entzündung. Zweithäufigste Ursache einer akuten Pankreatitis ist ein meist jahrelanger übermäßiger Alkoholkonsum; aber auch ein mäßiger Alkoholkonsum kann bei einer individuellen Empfindlichkeit zu einer Entzündung führen. Seltenere Ursachen sind angeborene Bauchspeicheldrüsenerkrankungen, Virusinfektionen, hohe Blutfettwerte, Medikamentennebenwirkungen oder Folgen von Magen-Darmoperationen. In einem Teil der Fälle bleibt die Ursache auch unbekannt.

Häufigster auslösender Faktor einer chronischen Pankreatitis ist ein chronischer Alkoholkonsum. Zusätzliches Rauchen führt zum schnelleren Fortschreiten der Erkrankung. Seltenere Ursachen sind vererbbare Bauchspeicheldrüsenerkrankungen, Stoffwechselstörungen oder eine Autoimmunerkrankung des Pankreas, bei der das Immunsystem fälschlicherweise Antikörper gegen Bauchspeicheldrüsengewebe bildet. Auch bei der chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung bleibt bei einem Teil der Fälle die Ursache unbekannt.

Symptome und Anzeichen

Die akute Bauchspeicheldrüsenentzündung zeigt sich charakteristischerweise durch plötzlich auftretende anhaltende, starke, bohrende Oberbauchschmerzen, die meist gürtelförmig in den Rücken ausstrahlen. Gleichzeitig können Übelkeit, Erbrechen und Fieber bestehen. Blähungen können eine Mitreaktion des Darms anzeigen. Seltener kann auch eine Gelbfärbung der Haut (Ikterus), eine Gesichtsrötung oder Wasseransammlungen in Lunge und Bauch (Aszites ) auftreten. Bei der schweren Form der akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung kann ein ausgedehntes Absterben von Bauchspeicheldrüsengewebe starke Magen-Darm-Blutungen oder Infektionen des Gewebes nach sich ziehen. Die Infizierung kann zu einer Blutvergiftung (Sepsis) führen. Eine weitere schwere, lebensbedrohliche Komplikation stellt ein Schockzustand dar. Er zeigt sich durch Blutdruckabfall, kalten Schweißausbruch, Herzrasen und Atemnot.

Ein starker gürtelförmig in den Rücken ausstrahlender Schmerz ist auch für die chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung charakteristisch. Typischerweise tritt er immer wieder auf und kann Stunden bis Tage anhalten. Im Spätstadium der Erkrankung besteht oft Schmerzfreiheit.

Blähungen, Völlegefühl, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen und Gewichtsabnahme können Zeichen einer gestörten Verdauung vor allem von Fetten sein. Darüber hinaus führt die Bauchspeicheldrüsenentzündung zu einer Veränderung der bakteriellen Besiedelung des Darms, was zusätzlich die Verdauungsprobleme verstärken kann. Ein Mangel an fettlöslichen Vitaminen kann sich als Gerinnungsstörung, Nachtblindheit, Gangstörung oder Knochenerweichung äußern. Durch Insulinmangel kann es zur Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) mit erhöhten Blutzuckerwerten kommen. Bei einem Teil der Erkrankten bilden sich mit Gewebsflüssigkeit, Blut oder Eiter gefüllte Gewebshohlräume (Pseudozysten) im Pankreas, die weitere Komplikationen wie Infektionen nach sich ziehen können.

Diagnose

Da viele Beschwerden bei einer Bauchspeicheldrüsenentzündung mehrdeutig sind und auch durch andere Erkrankungen verursacht sein können, kommt neben einer eingehenden Befragung und körperlichen Untersuchung den Laboruntersuchungen und bildgebenden Verfahren eine wichtige diagnostische Rolle zu. Das am häufigsten eingesetzte bildgebende Verfahren ist die Sonographie. Sie kann das Entzündungsausmaß, abgestorbenes Gewebe und eventuell vorhandene Pseudozysten sichtbar machen. Auch Mitbeteiligungen benachbarter Organe und Gallensteine können so entdeckt werden. Sind die ermittelten Ergebnisse nicht eindeutig, kommen Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT, Kernspin)zum Einsatz. Die Endoskopie (ERCP, Endoskopische retrograde Cholangiopankreatographie) kann die Lokalisation von Gallensteinen ermitteln und im gleichen Untersuchungsgang entfernen. Röntgenuntersuchungen können eine Mitbeteiligung von Darm oder Lunge zeigen. Laboruntersuchungen von Blut und Urin können erhöhte Konzentrationen von Pankreasenzymen, Entzündungszeichen und erhöhte Blutzuckerwerte ermitteln. Erhöhte Gallensäurewerte und Leberwerte können auf Gallensteine als Ursache hinweisen. Besteht der Verdacht auf infiziertes abgestorbenes Bauchspeicheldrüsengewebe, kann mit Hilfe einer feinen Nadel Gewebe entnommen werden (Punktion) und im Labor auf Bakterien untersucht werden.

Differentialdiagnose

Keine Bekannt.

Therapie und Behandlung

Die Behandlung der akuten Pankreatitis erfolgt im Krankenhaus. Schmerzmittel werden nach Bedarf eingesetzt. Kreislauf, Niere und Lunge werden überwacht. Um die Bauchspeicheldrüse zu entlasten, darf für einige Zeit keine Nahrung aufgenommen werden. Die Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr erfolgt für diese Zeit über das Blut (parenterale Ernährung), später sind zunächst Reisschleim, Zwieback und Tee erlaubt. Haben sich die Laborwerte normalisiert, wird über eine leichte Schonkost eine normale Ernährung aufgebaut. Während der gesamten Therapie sind Alkohol, Kaffee, Nikotin und fettreiche Kost verboten. Infektionen werden mit Antibiotika behandelt. Schwere Formen und Komplikationen werden intensivmedizinisch behandelt. Nur in wenigen Fällen kann ein operativer Eingriff notwendig sein, um abgestorbenes und infiziertes Gewebe zu entfernen oder um eine Blutung zu stoppen. Dieses geschieht überwiegend mit einem schonenden minimal-invasiven Verfahren (Schlüssellochchirurgie).

Bei der chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung entspricht die Behandlung akuter Schübe im Wesentlichen der der akuten Pankreatitis. Grundlage der Therapie ist der Verzicht auf Alkohol. Häufige kleine Mahlzeiten, die Einnahme von Pankreasenzymen und eventuell auch der fettlöslichen Vitamine A, D, E, K können die eingeschränkte Funktion der Bauchspeicheldrüse ausgleichen. Produziert das Pankreas zu wenig Insulin, können zusätzlich Insulingaben notwendig sein. Operative Eingriffe können Abflusshindernisse der Gallen-oder Bauchspeicheldrüsengänge beseitigen. In seltenen Fällen kann es bei starken Beschwerden notwendig sein, die Bauchspeicheldrüse teilweise oder ganz zu entfernen.

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Quellen/Redaktion

Autor:

Monika Hilgert

Medizinisches Review:

Derzeit in Bearbeitung


Quellen:

Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2014

Harrisons: Innere Medizin: ABW Wissenschaftsverlag, 2006

Deutsches Ärzteblatt 2013; 110 (22): Chronische Pankreatitis: Definition, Ätiologie, Diagnostik und Therapie

Deutsches Ärzteblatt 2012; 109 (46) Schwere akute Pankreatitis: Paradigmenwechsel der Therapie