Lungenkrebs (Bronchialkarzinom)
Lungenkrebs ist eine bösartige (maligne) Geschwulst (Tumor) der Lunge und wird auch Bronchialkarzinom genannt. Im engeren Sinne versteht man darunter Tumoren, die von den Zellen des Lungengewebes ausgehen, im weiteren Sinne auch solche, die durch Absiedelungen von Tumoren anderer Organe in die Lunge entstehen. Bösartig bedeutet, dass die Geschwulst zerstörend in Nachbargewebe einwachsen und über die Blut- oder Lymphbahnen Tochtergeschwülste (Metastasen) in andere Organe streuen kann.
Lungenkrebs gehört zu den häufigeren Krebserkrankungen. Nach Angaben des Zentrums für Krebsregisterdaten des Robert Koch Instituts sind 2010 in Deutschland rund 35 000 Männer und rund 17 000 Frauen neu an Lungenkrebs erkrankt. Seit Ende der 1990er Jahre ist die Erkrankungshäufigkeit bei Männern kontinuierlich um 30% zurückgegangen, während sie im gleichen Zeitraum bei Frauen um 20% angestiegen ist. Man führt diese Entwicklung auf die veränderten Rauchgewohnheiten beider Geschlechter zurück. So war in den letzten Jahrzehnten bei Männern ein leichter Rückgang des Zigarettenkonsums zu beobachten, wohingegen die Zahl der Raucherinnen zunahm. Mit einer 5-Jahres Überlebensrate von 21 % bei Frauen und 16% bei Männern zählt das Lungenkarzinom zu den Krebsarten mit ungünstiger Prognose. Wie bei anderen Krebsarten auch, sind die Überlebenschancen sehr stark abhängig vom Stadium der Erkrankung. Da der Tumor zu Beginn der Erkrankung meist keine Beschwerden macht, wird die Diagnose in vielen Fällen spät gestellt.
Nach feingeweblichen Merkmalen unterscheidet man ein kleinzelliges Lungenkarzinom (SCLC= small cell lung cancer, 15%) von einem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC= non- small cell lung cancer, 85%). Diese Einteilung ist sowohl für das therapeutische Vorgehen als auch für die Prognose bedeutsam.
Lungenkrebs (Bronchialkarzinom): Inhaltsverzeichnis
Ursachen Lungenkrebs (Bronchialkarzinom)
Wahrscheinlich führt das Zusammenwirken verschiedener Einflüsse zur Entwicklung eines Lungenkarzinoms. Hauptrisikofaktor ist das Rauchen. Tabakrauch enthält zahlreiche Schadstoffe. 90 % der Männer und 60% der Frauen mit Lungenkrebs, haben aktiv geraucht. Pfeifen- und Zigarrenraucher haben ein etwas geringeres Risiko als Zigarettenraucher. Aber auch Passivrauchen kann die Gefahr, an Lungenkrebs zu erkranken, erhöhen. Entscheidend für das Krebsrisiko ist die Dauer und das Ausmaß des Zigarettenkonsums. Man berechnet es als Packungsjahre (pack years), indem die Zahl der Schachteln Zigaretten, die pro Tag geraucht wurden, multipliziert wird mit der Anzahl der Jahre, in denen geraucht wurde. Eine untergeordnete Rolle spielen Krebsauslöser in der Umwelt oder am Arbeitsplatz. Hierzu zählt das natürlicherweise vorkommende radioaktive Gas Radon, aber auch Schadstoffbelastungen der Außenluft durch Dieselruß und Feinstäube. Berufliche Belastungen durch Asbest, Quarzstaub, Arsen, Chromate, Nickel und aromatische Kohlenwasserstoffe unterliegen aufgrund ihrer bekannten krebsauslösenden Wirkung strengen Arbeitsschutzmaßnahmen. Eine Vorschädigung der Lungen, zum Beispiel durch Lungennarben, gilt als weiterer Risikofaktor. Ein Zusammenhang zwischen Infektionen mit humanen Papillomaviren oder Epstein-Barr-Viren und der Entwicklung von Lungenkarzinomen gilt mittlerweile als gesichert. In wieweit erbliche Faktoren bei der Entstehung eine Rolle spielen, ist noch nicht vollständig geklärt.
Symptome und Anzeichen
Im Frühstadium der Erkrankung fehlen Symptome oder es treten untypische, mehrdeutige Beschwerden auf. Husten, Atemnot (Dyspnoe), wiederholte Fieberschübe, nächtliche Schweißausbrüche und Brustschmerz (Thoraxschmerz) können erste Warnzeichen sein. Besteht wochenlanger Husten oder verschlechtert sich ein Raucherhusten durch verstärkten Auswurf (Sputum) oder Blutbeimengungen (Hämoptysen), sollte dieses immer Anlass für eine weitere Abklärung sein. Oft stellt sich bei der Befragung (Anamnese) heraus, dass schon länger eine geringere Belastbarkeit und ein Gefühl der Abgeschlagenheit besteht oder das Körpergewicht ungewollt abgenommen hat. Hat der Tumor bereits Metastasen gestreut, können weitere Symptome durch Funktionsstörungen anderer Organe auftreten. In nicht seltenen Fällen sind diese Beschwerden sogar der erste Hinweis auf den Lungenkrebs. Sind die Knochen betroffen, wird häufig über Gelenkschmerzen geklagt. Ist die Leber von Tumorabsiedelungen befallen, können sich Gelbverfärbungen der Augen und Haut, Gewichtsverlust und Müdigkeit einstellen. Neurologische Symptome wie Kopfschmerzen, Krampfanfälle, Verwirrtheit und sogar Wesensveränderungen können durch Metastasen im Gehirn verursacht sein. Besonders das kleinzellige Bronchialkarzinom bildet oft hormonähnliche Substanzen, die zu weiteren Krankheitszeichen führen können. Man spricht von paraneoplastischen Syndromen. Sie können sich zum Beispiel als Cushing-Syndrom, erhöhter Blutkalziumspiegel, Unterzuckerung oder durch neurologische Symptome äußern. Eine seltene Form eines Bronchialkarzinoms ist der Pancoast-Tumor, der durch seine Lage in der Lungenspitze zu Nervenschädigungen führen kann, die zum Beispiel Schulter-Arm-Schmerzen oder Heiserkeit verursachen können.
Diagnose
Neben der Erhebung der Krankengeschichte und einer körperlichen Untersuchung stehen verschiedene bildgebende Verfahren für die Diagnostik zur Verfügung. Eine Röntgenuntersuchung erfasst vor allem Veränderungen in den äußeren Lungenanteilen, während die Computertomographie (CT) zentral gelegene Karzinome besser darstellen kann. Die wichtigste Untersuchungsmaßnahme stellt die Lungenspiegelung (Bronchoskopie) dar, die mithilfe einer Kamera den Blick auf die Atemwege erlaubt. Gleichzeitig können Gewebeproben entnommen werden. Krebszellen können auch durch eine Bronchiallavage gewonnen werden, indem während der Bronchoskopie die Atemwege mit einer Salzlösung gespült werden und anschließend die Spüllösung auf krankhafte Zellen untersucht wird. Die mikroskopische Untersuchung von Gewebeprobe und Spüllösung dient der Feststellung, ob es sich um einen gut- oder bösartigen Tumor handelt und wie stark sich dieser von gesundem Lungengewebe unterscheidet. Tumorzellen haben in der Regel einen anderen Stoffwechsel als gesunde Zellen. Mit der Positronenemissionstomographie (PET) lässt sich der ganze Körper auf diesen Unterschied hin untersuchen. Nicht nur der Tumor selbst stellt sich dar, sondern auch seine eventuelle Ausbreitung in andere Organe. Bildgebende Verfahren wie die Computertomographie, Magnetresonanztomographie, Ultraschalluntersuchungen (Sonographie), Mediastinoskopie und Thorakoskopie können hierzu weitere Informationen ergänzen. Bei der Mediastinoskopie und Thorakoskopie handelt es sich um ein der Bronchoskopie entsprechendes Verfahren, bei dem der Raum zwischen den beiden Lungenflügeln (Mediastinum) und das Brustfell (Pleura) zwischen Lunge und Rippen auf verdächtige Veränderungen angeschaut wird. Tumormarker, die bei einer Krebserkrankung vermehrt im Blut auftreten können wie NSE (neuronenspezifische Enolase), CYFRA 21-1 oder CEA (carcinoembryonales Antigen), haben beim Lungenkrebs keine wesentliche Bedeutung. Beim kleinzelligen Bronchialkarzinom kann die Bestimmung des Enzyms LDH (Laktatdehydrogenase) für Verlaufsbeurteilung und Prognose interessant sein.
Therapie und Behandlung
Das therapeutische Vorgehen wird im Wesentlichen vom Gesundheitszustand des Betroffenen, dem Stadium der Erkrankung und der Art und Aggressivität des Tumors bestimmt. Die größten Heilungschancen bestehen, wenn es gelingt den Tumor durch operative oder andere Therapieverfahren vollständig zu entfernen (kurative Therapie). In fortgeschrittenen Stadien, wenn das Lungenkarzinom bereits gestreut hat, ist das Ziel, Beschwerden zu lindern, Lebensqualität zu erhalten und Lebenszeit zu gewinnen (palliative Therapie). Mit Chemotherapie und Strahlentherapie können Krebszellen zerstört und ein Fortschreiten der Erkrankung aufgehalten werden. Bei der Chemotherapie werden Zytostatika eingesetzt; das sind Medikamente, die die Teilung von Zellen hemmen und sie damit absterben lassen. Besonders beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom kann es im Einzelfall sinnvoll sein, diese mit einer zielgerichteten Therapie (targeted therapy) zu kombinieren. Dabei handelt es sich um eine neue Art der Behandlung, bei der Wirkstoffe eingesetzt werden, die gegen ganz bestimmte, individuelle Eigenschaften eines Tumors gerichtet sind. Unterstützende Therapiemaßnahmen umfassen die Linderung von Schmerzen, die medikamentöse oder strahlentherapeutische Behandlung von Knochenmetastasen und die Bekämpfung von Husten, Heiserkeit und Luftnot. Eine Ernährungsberatung kann helfen, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust zu mildern.
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Quellen/Redaktion
Autor:
Medizinisches Review:
Derzeit in Bearbeitung
Quellen:
Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2014
Harrisons: Innere Medizin: ABW Wissenschaftsverlag, 2006
Wolff, Weihrauch: Internistische Therapie 2014/2015 . Urban & Fischer in Elsevier (Verlag), München 2014