Lippenherpes (Herpes labialis)

Synonyme: Bläschenflechte, Dermatitis vesicularis durch Herpesviren, Fieberbläschen, Fieberhafte Bläschenflechte, Herpes labialis, HSV-1-Infektion, Lippenbläschen
Lippenherpes, Bläschenflechte, Dermatitis vesicularis durch Herpesviren, Fieberbläschen, Fieberhafte Bläschenflechte, Herpes labialis, HSV-1-Infektion, Lippenbläschen

Beim Herpes labialis oder Lippenherpes handelt es sich um eine weltweit verbreitete hochansteckende Viruserkrankung, die beim Erstkontakt mit dem Virus häufig unerkannt bleibt, da diese sogenannte Primärinfektion in über 90 % der Fälle ohne das Auftreten von Krankheitszeichen verläuft (asymptomatischer Verlauf).

Die auslösenden Erreger zeigen aber eine wesentliche Besonderheit: sie besitzen die Fähigkeit, im einmal infizierten Organismus zeitlebens zu überdauern (Viruspersistenz), das bedeutet, sie schlummern inaktiv in ihren Zielzellen, können aber bei vorübergehender Schwächung des Immunsystems wieder reaktiviert werden.

Eine solche Reaktivierung führt dann zum typischen Erscheinungsbild der Erkrankung mit Bläschenbildung im Bereich der Lippen oder auch an anderen Stellen im Gesicht.

Lippenherpes (Herpes labialis): Inhaltsverzeichnis

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Ursachen Lippenherpes (Herpes labialis)

Ausgelöst wird Lippenherpes durch das Herpes simplex-Virus Typ 1 (HSV-1), das zur Familie der humanen (= nur den Menschen befallend) Herpesviren gehört.

Die Erstinfektion mit dem Virus findet in der Regel schon im frühen Kindesalter statt und verläuft zumeist ohne Symptome. Im Erwachsenenalter sind folglich über 95 % der Bevölkerung, größtenteils ohne ihr Wissen, mit dem HSV-1 infiziert.

Die Ansteckung mit dem Erreger erfolgt durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion über die mit Viren verseuchte Flüssigkeit aus aufgeplatzten Herpesbläschen.

Wie alle humanen Herpesviren verbleibt auch das HSV-1 nach der Erstinfektion lebenslang im Körper. Es zieht sich, zunächst inaktiv, in spezielle Nervenzellansammlungen (Nervenganglien) zurück (Viruspersistenz), um sich dann in Zeiten vorübergehender Immunschwäche oder durch äußere Reize aktiviert über die Nervenbahnen auszubreiten und die typische Symptomatik hervorzurufen (endogene Reaktivierung).

Auslösende Faktoren für eine solche Reaktivierung können vielfältiger Natur sein: Infektionen und Verletzungen jeglicher Art, Fieber („Fieberbläschen“), starke Sonneneinstrahlung (Herpes solaris), körperlicher und seelischer Stress, aber auch hormonelle Veränderungen, beispielsweise während des weiblichen Zyklus oder einer Schwangerschaft.

Symptome und Anzeichen

Von der Ansteckung bis zum Auftreten möglicher Krankheitszeichen vergehen etwa 2 bis 12 Tage (Inkubationszeit).

Die Erstinfektion mit HSV-1 verläuft in der Regel symptomlos, eine Ausnahme bildet die Gingivostomatitis herpetica, auch Stomatitis aphthosa genannt, die meist bei Kleinkindern im Alter zwischen 1 und 4 Jahren auftritt. Hierbei kommt es zu einer äußerst schmerzhaften, Bläschen bildenden Entzündung des gesamten Mundinnenraumes, die meist von hohem Fieber begleitet wird.

Das typische Krankheitsbild des Lippenherpes zeigt sich aber zumeist erst nach einer Reaktivierung der Herpes simplex-Viren (Einzelheiten siehe unter Ursachen). Es beginnt mit einem Spannungsgefühl, Jucken und Brennen an den betroffenen Stellen im Gesicht, am häufigsten im Bereich der Lippen. Innerhalb von Stunden bis Tagen bilden sich dort schmerzhafte, mit Flüssigkeit gefüllte Bläschen, die große Mengen an HSV-1 enthalten. Platzen diese auf, besteht eine hohe Ansteckungsgefahr für Personen, die bisher noch nicht mit dem Virus infiziert sind und nun mit dem Bläscheninhalt in Kontakt kommen, z. B. beim Küssen oder auch über Gegenstände, die mit dem infektiösen Sekret verunreinigt sind.

Mit der Zeit verschorfen die Bläschen und heilen innerhalb von 1-2 Wochen narbenlos ab.

Diagnose

Aufgrund der typischen schmerzhaften Bläschenbildung ist das klassische Krankheitsbild für den behandelnden Arzt in der Regel schon bei der körperlichen Untersuchung leicht zu diagnostizieren (Blickdiagnose).

Bei unklaren Untersuchungsbefunden oder wenn Komplikationen vorliegen, kann das HSV-1 durch verschiedene labordiagnostische Methoden eindeutig identifiziert werden.

Differentialdiagnose

Neben Herpesviren existiert eine Reihe von viralen und bakteriellen Erregern, die ähnliche Hauterscheinungen hervorrufen können. Insbesondere dann, wenn die Symptomatik vom klassischen Krankheitsbild abweicht, sollten andere Erreger und Ursachen in Betracht gezogen werden. Auch zahlreiche Medikamente oder Inhaltsstoffe von Kosmetika und Waschmitteln können Hauterscheinungen auslösen, die ebenfalls den Herpesbläschen ähneln. Diese beruhen zumeist auf allergischen Reaktionen.

In der Regel ist die unkomplizierte Lippenherpes-Infektion aber durch ihr typisches Erscheinungsbild leicht von anderen Erkrankungen abzugrenzen.

Therapie und Behandlung

Eine definitive Heilung der HSV-1-Infektion ist nicht möglich, da die Viren zeitlebens in bestimmten Nervenzellen überdauern (Viruspersistenz).

Ziel einer medikamentösen Therapie ist daher die effektive Hemmung der Virusvermehrung (Virustase) und somit auch die rasche Linderung der störenden Symptome. Dies erreicht man mit Hilfe sogenannter Virustatika (= virushemmende Medikamente), die bei unkomplizierten Infektionen in Form von Cremes mehrmals täglich auf die betroffenen Stellen bis zur Abheilung aufgetragen werden (Lokaltherapie). Am häufigsten verwendet man aciclovir- oder penciclovirhaltige Cremes.

Ausgeprägte Krankheitsverläufe oder schwerwiegende Komplikationen bedürfen jedoch einer systemische Behandlung mit Virustatika. Das bedeutet, die virushemmende Substanz wird entweder in Tablettenform eingenommen (orale Therapie) oder in schwersten Fällen als Infusion über die Vene verabreicht (parenterale/intravenöse Therapie)(nähere Informationen zu den einzelnen Virustatika unter den Substanznamen Aciclovir und Famciclovir).

Komplikationen

Eine reaktivierte Lippenherpesinfektion verläuft in der Regel lokal begrenzt und komplikationsarm. In seltenen Fällen, insbesondere dann, wenn das körpereigene Abwehrsystem stark geschwächt ist, können aber schwerwiegende Komplikationen auftreten.

Gelangt das Virus zum Beispiel über eine Schmierinfektion in den Bereich des Auges kann es zu einer gefährlichen Entzündung der Hornhaut (Herpetische Keratokonjunktivitis) mit eventuell bleibenden Hornhautschäden kommen.

Eine schwere Form der Herpesinfektion stellt das Eczema herpeticatum dar, das bevorzugt auf bereits entzündlich vorgeschädigter Haut auftritt. So sind insbesondere Säuglinge und Kleinkinder, die an Neurodermitis leiden, betroffen. Die schmerzhafte Bläschenbildung breitet dabei sich über die gesamte Körperoberfläche aus, begleitet von Allgemeinsymptomen wie schwerem Krankheitsgefühl und Fieber.

Die gefährlichste Komplikation einer HSV-1-Infektion ist aber die Herpesenzephalitis, eine durch Herpesviren verursachte Entzündung des Gehirns. Es handelt sich hierbei um die häufigste durch Viren ausgelöste Enzephalitis, die schon bei Verdacht einer virushemmenden Therapie bedarf, um bleibende Schäden oder gar den Tod des Betroffenen zu verhindern.

Komplikationsreiche und langwierige Krankheitsverläufe zeigen sich insbesondere bei Patienten, die an einer angeborenen oder erworbenen Immunschwäche (Immundefizienz) leiden. So findet man beispielsweise bei AIDS-Patienten, deren Immunsystem durch die vorbestehende HI-Viruserkrankung extrem beeinträchtigt ist, sehr häufig schwerwiegende Komplikationen wie schlecht abheilende Hauterscheinungen und gefährliche Entzündungen von Auge, Bindehaut, Hirnhaut und Gehirn.

Impfung

Zur Zeit existiert noch kein geeigneter Impfstoff, der einen ausreichenden Schutz vor einer Erstinfektion mit Herpes simplex-Viren (HSV-1 und HSV-2) bietet. Diverse Impfstoffe sind aber bereits in der Erprobungsphase, so dass die berechtigte Hoffnung besteht, in naher Zukunft Herpesinfektionen mittels Schutzimpfung wirkungsvoll verhindern zu können.

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Quellen/Redaktion

Autor:

Christine Yahya

Medizinisches Review:

Derzeit in Bearbeitung


Quellen:

Dr. Gerd Herold – Innere Medizin 2014

Dale Reihe – Dermatologie