Laktoseintoleranz

Synonyme: Laktosemalabsorption, Laktosemaldigestion, Laktoseunverträglichkeit, Milchzuckerunverträglichkeit
Laktoseintoleranz, Laktosemalabsorption, Laktosemaldigestion, Laktoseunverträglichkeit, Milchzuckerunverträglichkeit

Die Laktoseintoleranz gehört zu den sogenannten Nahrungsmittelunverträglichkeiten, einer Gruppe von angeborenen oder erworbenen Verdauungsstörungen, die durch bestimmte Nahrungsbestandteile hervorgerufen werden. Bei der Laktoseintoleranz ist der Organismus nicht oder nur teilweise dazu in der Lage, einen wichtigen Bestandteil von Milch und Milchprodukten, die sogenannte Laktose (= Milchzucker) zu verdauen.

Laktose ist ein Zweifachzucker, der sich aus den Einfachzuckern Glukose und Galaktose zusammensetzt. Der menschliche Darm kann lediglich diese Einfachzucker aufnehmen und als Energielieferanten für viele Stoffwechselprozesse bereitstellen. Zur Aufspaltung der Laktose wird ein bestimmter Eiweißstoff, ein sogenanntes Enzym, benötigt, das analog zur Laktose die Bezeichnung „Lactase“ trägt. Dieses Enzym wird normalerweise von menschlichen Dünndarmzellen gebildet. Erfolgt dies nur in unzureichender Menge oder versiegt die Produktion gänzlich, so gelangt unverdauter Milchzucker in den Dickdarm, wo Darmbakterien eine Vergärung einleiten. Dies führt unter anderem zur Bildung verschiedener Gase und Fettsäuren, die für einen Großteil der typischen Beschwerden verantwortlich sind.

Man unterscheidet drei Formen der Milchzuckerunverträglichkeit, von denen zwei bereits angeboren sind, das heißt auf genetischen Ursachen beruhen (primäre Laktoseintoleranz bzw. Alaktasie). Bei der dritten Form, der sogenannten sekundären Laktoseintoleranz handelt es sich um eine erworbene Form, die als Folge anderer Erkrankungen, insbesondere des Dünndarms, auftritt (Einzelheiten siehe unter Ursachen).

Die Datenlage hinsichtlich des weltweiten Vorkommens der Laktoseintoleranz ist nicht eindeutig, genaue Prozentangaben sind schwierig. Wissenschaftlich klar belegt ist aber die Tatsache, dass Asiaten und Afrikaner, sowie die von ihnen abstammenden Kulturen, wesentlich häufiger von einer Milchzuckerunverträglichkeit betroffen sind als alle nordeuropäischen Bevölkerungsgruppen (Nord-Süd-Gefälle). In Deutschland leiden etwa 15 % der Bevölkerung an dieser Nahrungsmittelunverträglichkeit.

Eine angeborene Laktoseintoleranz bleibt zeitlebens bestehen und kann am sinnvollsten durch eine Ernährungsumstellung hin zu laktosearmer bzw. laktosefreier Kost therapiert werden. Liegen der Milchzuckerunverträglichkeit jedoch andere Ursachen zugrunde, kann diese nach erfolgreicher Behandlung der eigentlichen Grunderkrankung oder Weglassen des Auslösers wieder verschwinden.

Laktoseintoleranz: Inhaltsverzeichnis

Werbung

Ursachen Laktoseintoleranz

In den ersten Lebensmonaten stellt Muttermilch in der Regel die einzige Nahrungsquelle dar, zu deren Verdauung Säuglinge große Mengen an Laktase benötigen. Mit zunehmendem Alter kommen weitere Nährstoffquellen hinzu, der Bedarf an Laktase nimmt ab und folglich auch deren Produktion im Dünndarm. Wissenschaftler gehen davon aus, dass der menschliche Organismus im Erwachsenenalter eigentlich nicht auf die Verdauung von großen Milchmengen angelegt ist. Die Fähigkeit, Laktase über das Kindesalter hinaus zu produzieren, hat der Mensch demzufolge erst im Laufe seiner Evolution erlangt. Mit dem Ausbau der Milchviehhaltung konnten sich im Laufe der Zeit erbliche Merkmale durchsetzen, die auch im Erwachsenenalter eine ausreichende Laktaseproduktion gewährleisten. Insbesondere in nördlichen, sonnenarmen Regionen dienen Milchprodukte als wichtigster Kalziumlieferant. Dort ist die Fähigkeit zur Laktoseverdauung von essentiellem Vorteil. In sonnenreichen Regionen dagegen können die Menschen ihren Kalziumbedarf über eine durch das Sonnenlicht verstärkte Vitamin DBildung aufrechterhalten, die wiederum die Kalziumaufnahme im Darm erhöht. Hier ist eine ausreichende Laktaseaktivität nicht unbedingt notwendig.

Die Laktoseintoleranz stellt also im Grunde keine Erkrankung dar, sondern den Normalzustand in vielen Teilen der Weltbevölkerung.

Dementsprechend häufig findet man die sogenannte primäre Laktoseintoleranz, bei der es mit zunehmendem Lebensalter zu einer immer weiter abnehmenden Laktaseproduktion (relativer Laktasemangel) im Dünndarm kommt. In der Regel vertragen die Betroffenen Milch und Milchprodukte mit fortschreitendem Alter immer schlechter und entwickeln schließlich eine entsprechende Nahrungsmittelunverträglichkeit.

Sehr viel seltener sieht man die zweite Form der angeborenen Laktoseintoleranz, den sogenannte kongenitalen Laktasemangel, auch Alaktasie genannt. Hierbei handelt es sich um einen sehr seltenen, genetisch bedingten Enzymdefekt, der bereits ab dem Zeitpunkt der Geburt besteht. Die Dünndarmzellen der Betroffenen sind nicht in der Lage, funktionstüchtige Laktase zu produzieren, es resultiert also ein absoluter Laktasemangel. Die betroffenen Säuglinge reagieren bereits in den ersten Lebenstagen auf kleinste Milchmengen mit starken Beschwerden wie Bauchkrämpfen und schweren Durchfällen. Sie sind von massiver Austrockung und Unterernährung bedroht, außerdem können durch den Energiemangel schwere bleibende Hirnschäden auftreten.

Diese Säuglinge benötigen demnach eine komplett laktosefreie Ernährung, die sie anderweitig mit dem Energielieferanten Glukose in ausreichender Menge versorgt.

Bei der sekundären Laktoseintoleranz dagegen handelt es sich um eine erworbene Form der Milchzuckerunverträglichkeit. Beeinträchtigen andere Erkrankungen des Dünndarms oder Medikamente die Laktaseproduktion, kommt es vorübergehend zu einem Laktasemangel. Dieser sollte sich nach erfolgreicher Therapie der Grunderkrankung bzw. Absetzen des auslösenden Medikaments wieder zurückbilden. Ursachen einer solchen erworbenen Laktoseintoleranz können insbesondere Dünndarmerkrankungen wie Zöliakie oder Morbus Crohn sein, aber auch bakterielle, virale oder Pilzinfektionen des Darms. Darüber hinaus beeinträchtigen bestimmte Medikamente wie Antibiotika oder Zytostatika die Funktion der Darmepithelzellen.

Symptome und Anzeichen

Durch das Fehlen von Laktase kann Laktose nicht mehr im Dünndarm aufgespalten und ins Blut aufgenommen werden. Somit gelangt unverdaute Laktose in die nachfolgenden Darmabschnitte, die mit einer Reihe von Bakterien besiedelt sind. Diese vergären den Milchzucker, wobei unter anderem verschiedene Gase (Wasserstoff, Kohlendioxid), Fettsäuren und schwefelhaltige Verbindungen entstehen.

Krampfartige Bauchschmerzen, Übelkeit, Blähungen und wässrige Durchfälle sind die Folge.

Erscheinungsbild und Schwere der Symptomatik sind individuell sehr unterschiedlich, je nachdem, wie ausgeprägt der Laktasemangel ist bzw. welche Menge an Laktose aufgenommen wurde.

Diagnose

Schildern Patienten die oben genannte Symptome nach dem Genuss von Milch oder Milchprodukten, liegt der Verdacht auf eine Laktoseintoleranz nahe.

Zur Diagnosesicherung lassen sich verschiedene Tests durchführen. Die zuverlässigste Methode, um eine Laktoseintoleranz nachzuweisen, ist der sogenannte H2-Atemtest. Dabei trinkt der Betroffene auf nüchternen Magen eine Testlösung, die eine definierte Menge an Laktose enthält. Anschließend pustet er in regelmäßigen Abständen in ein spezielles Messgerät, das den Wasserstoffgehalt (Wasserstoff = H2) in der Ausatemluft misst. Wird die zugeführte Laktose aufgrund eines Laktasemangels nicht richtig verstoffwechselt, gelangt sie unverdaut in tiefere Darmabschnitte und wird dort von Bakterien aufgespalten. Dabei entsteht unter anderem Wasserstoff, der ins Blut übergeht und anschließend über die Lunge abgeatmet wird. Bei dem H2-Atemtest entsteht so eine Messkurve, die eine Laktoseintoleranz bestätigt oder ausschließt. In sehr seltenen Fällen kommt es bei Betroffenen im Darm zur Methanbildung. Dabei wird der anfallende Wasserstoff direkt wieder verbraucht und kann demzufolge nicht in der Ausatemluft gemessen werden. Solche Patienten, die zwar an einer Laktoseintoleranz leiden, bei denen aber der H2-Atemtest negativ ausfällt, bezeichnet man als sogenannte „Non-Responder“. Aus diesem Grund ist es ebenso wichtig, die Symptome, die der Patient nach Einnahme der Laktoselösung schildert, bei der Diagnosestellung zu berücksichtigen. Extrem starke Blähungen und Bauchkrämpfe deuten zum Beispiel auf die Verstoffwechslung zu Methan hin.

Zusätzlich zum Atemtest kann ein sogenannter Laktosebelastungstest durchgeführt werden, bei dem nach Trinken der Laktoselösung regelmäßige Messungen des Blutzuckerspiegels erfolgen. Wird Laktose korrekt zu Glukose und Galaktose aufgespalten, so steigt der Blutzuckerspiegel. Bei einer Laktoseintoleranz bleibt diese Blutzuckererhöhung aus.

In seltenen Fällen kann zur Bestätigung einer genetisch bedingten Laktoseintoleranz ein entsprechender Gentest durchgeführt werden. Darüber hinaus lässt sich anhand einer Gewebeprobe aus dem Dünndarm (= Dünndarmbiopsie) eine niedrige bis fehlende Laktaseaktivität nachweisen. Beide Verfahren bleiben speziellen Fragestellungen überlassen und gehören nicht zur Routinediagnostik.

Differentialdiagnose

Bei der Diagnosefindung ist es wichtig, eine Laktoseintoleranz von Milcheiweißallergien abzugrenzen, die ähnliche Beschwerden hervorrufen können. Dabei handelt es sich um Abwehrreaktionen des Immunsystems gegenüber bestimmten Inhaltsstoffen der Milch. Hier genügen meist kleinste Milchmengen, um die bisweilen schwerwiegende Symptomatik auszulösen. Im Gegensatz dazu werden bei der Laktoseintoleranz in der Regel noch geringe Mengen an Milch vertragen.

Therapie und Behandlung

Eine primäre Laktoseintoleranz ist nicht heilbar und bleibt ein Leben lang bestehen. Aus diesem Grund stellt eine Ernährungsumstellung hin zu laktosefreier bzw. laktosearmer Kost die sinnvollste und einzig wirksame Therapie dar.

Nach einer Karenzzeit von etwa 4 Wochen, in denen der Betroffene gänzlich auf laktosehaltige Lebensmittel verzichten und so dem Darm eine Regenerierungsphase gönnen sollte, kann langsam mit der Einnahme von geringen Mengen Laktose begonnen werden. Will der Betroffene also nicht gänzlich auf Laktose verzichten, muss er in dieser Testphase gezielt ausprobieren, ob und wie viel Laktose er verträgt, ohne dass entsprechende Beschwerden auftreten. Dabei gilt es, insbesondere auf versteckte Laktose in Fertigprodukten, Brot und Wurstwaren zu achten.

Glücklicherweise existiert seit einiger Zeit ein stetig wachsendes Angebot an laktosefreien Lebensmitteln. Diese werden mit dem Enzym Laktase vorbehandelt und enthalten den Milchzucker nur noch in seiner aufgespaltenen Form, sprich als Glukose und Galaktose, die direkt vom Dünndarm aufgenommen werden können.

Darüber hinaus wurden zahlreiche Präparate entwickelt, die das milchzuckerspaltende Enzym Laktase enthalten. Zu den Mahlzeiten eingenommen, ermöglichen sie auch den Genuss von laktosehaltigen Lebensmitteln. Die Dosierung ist je nach Ausprägungsgrad der Intoleranz und Laktosegehalt der jeweiligen Speisen sehr unterschiedlich und bisweilen schwierig zu ermitteln. Die Einnahme entsprechender Präparate ist ungefährlich, sollte aber eher Ausnahmesituationen wie beispielsweise einem Besuch im Restaurant vorbehalten bleiben.

Komplikationen

Die Laktoseintoleranz bleibt zwar zeitlebens bestehen, der Verlauf ist aber in der Regel gutartig, ernste Komplikationen sind bei Beachtung der Ernährungsregeln nicht bekannt. Dauerhafte Durchfälle können in seltenen Fällen zu Mangelerscheinungen an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen führen. Diese lassen sich aber einfach von außen über die Einnahme entsprechender Präparate ausgleichen.

ACHTUNG: Milch und Milchprodukte enthalten große Mengen an Kalzium, so dass der Wegfall dieser Quelle zu einem Kalziummangel führen kann. Dies wiederum erhöht das Risiko, an Osteoporose (= Knochenschwund) zu erkranken. Daher sollten Betroffene ihren Kalziumbedarf zum Beispiel aus speziellen laktosefreien Milchprodukten oder mit Kalzium angereicherten Lebensmitteln decken. Bei Bedarf kann Kalzium auch in Tabletten- oder Pulverform zugeführt werden.

Werbung

Diesen Artikel drucken / teilen

Weitere Informationen

Übersicht: Alle Krankheiten von A bis Z

Quellen/Redaktion

Autor:

Christine Yahya

Medizinisches Review:

Derzeit in Bearbeitung


Quellen:

Dr. Gerd Herold – innere Medizin 2014

Nahrungsmittel-Intoleranzen, Gräfe & Unzer 2009