Herpes genitalis (Genitalherpes)

Synonyme: Genitale Herpesinfektion, Genitalherpes, HSV-2-Infektion
Herpes genitalis, Genitalherpes

Beim Herpes genitalis oder Genitalherpes handelt es sich um eine ansteckende Viruserkrankung, die zu den weltweit häufigsten Geschlechtskrankheiten zählt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer STD (sexually transmitted disease), einer sexuell übertragbaren Krankheit, weil die Ansteckung fast ausschließlich durch ungeschützten Geschlechtsverkehr erfolgt (siehe Einzelheiten unter Ursachen).

Aus diesem Grund sind insbesondere sexuell aktive Menschen nach der Pubertät und im Erwachsenenalter von dieser Viruserkrankung betroffen. Darüber hinaus kann es während einer Schwangerschaft oder häufiger unter der Geburt zu einer Virusübertragung auf das Kind kommen – mit in beiden Fällen schwersten bis tödlich endenden Krankheitsverläufen.

Die Erreger des Genitalherpes zeigen ein wesentliches Merkmal: sie besitzen die Fähigkeit, im einmal infizierten Organismus zeitlebens zu überdauern (Viruspersistenz), das bedeutet, sie schlummern inaktiv in ihren Zielzellen, können aber bei vorübergehender Schwächung des Immunystems wieder reaktiviert werden. Daher unterscheidet man beim Herpes genitalis zwischen der erstmaligen Infektion mit dem Erreger (Primärinfektion) und nachfolgenden, in ihrer Häufigkeit stark variierenden Reaktivierungen der Erkrankung.

Sowohl im Rahmen der Erstinfektion als auch bei späteren Virus-Reaktivierungen findet man das charakteristische Krankheitsbild mit Juckreiz und schmerzhafter Bläschenbildung im Genitalbereich (siehe Einzelheiten unter Symptome).

Herpes genitalis (Genitalherpes): Inhaltsverzeichnis

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Ursachen Herpes genitalis (Genitalherpes)

Verantwortlich für genitale Herpesinfektionen sind die Herpes simplex-Viren Typ 1 (HSV-1) und Typ 2 (HSV-2), wobei HSV-2 als Hauptverursacher gilt. Beide Virustypen gehören zur Familie der humanen (= nur den Menschen befallend) Herpesviren.

Da die Erkrankung hauptsächlich durch sexuellen Kontakt übertragen wird, findet man HSV-2 ab dem jungen Erwachsenenalter bei 10-30 % der Bevölkerung.

Seltener entsteht ein Genitalherpes auch im Zuge einer Schmierinfektion mit HSV-1, zum Beispiel durch mangelnde Händehygiene oder Ausübung oraler Sexualpraktiken.

Eine hohe Ansteckungsgefahr mit HSV-2 besteht für das Kind einer Schwangeren, die an einer floriden (=blühenden) Erstinfektion leidet (Einzelheiten siehe unter Komplika-tionen).

Wie alle humanen Herpesviren verbleibt auch das HSV-2 nach der Erstinfektion lebenslang im Körper. Es zieht sich, zunächst inaktiv, in spezielle Nervenzellansammlungen (Nervenganglien) zurück (Viruspersistenz), um sich dann in Zeiten vorübergehender Immunschwäche oder durch äußere Reize aktiviert über die Nervenbahnen auszubreiten und die typische Symptomatik hervorzurufen (endogene Reaktivierung).

Derartige endogene Reaktivierungen sind bei genitalen Herpesinfektionen deutlich häufiger als beim hauptsächlich durch HSV-1 verursachten Lippenherpes.

Auslösende Faktoren hierfür können vielfältiger Natur sein: Infektionen und Verletzungen jeglicher Art, Fieber („Fieberbläschen“), starke Sonneneinstrahlung (Herpes solaris), körperlicher und seelischer Stress, aber auch hormonelle Veränderungen, beispielsweise während des weiblichen Zyklus oder einer Schwangerschaft.

Symptome und Anzeichen

Von der Ansteckung bis zum Auftreten möglicher Krankheitszeichen vergehen etwa 3-7 Tage (Inkubationszeit).

Im Gegensatz zu Erstinfektionen mit dem Herpes simplex-Virus Typ 1, die häufig ohne Symptome und folglich unbemerkt verlaufen, zeigen die Betroffenen nach einer erstmaligen Ansteckung mit HSV-2 wesentlich häufiger typische schwere Krankheitszeichen: im Genitalbereich entwickeln sich mit infektiöser Flüssigkeit gefüllte Bläschen, die mit starkem Juckreiz und brennenden Schmerzen einhergehen. Bei der Frau spricht man in diesem Zusammenhang von einer Vulvovaginitis herpetica, beim Mann von einem Herpes progenitalis.

Begleitet wird diese Erstinfektion häufig von allgemeinem Krankheitsgefühl und Fieber. Innerhalb von 2-3 Wochen verschorfen die Herpesbläschen und heilen narbenlos ab.

Neben dem typischen Krankheitsbild gibt es aber nicht selten Verläufe, bei denen eindeutige Symptome fehlen oder uncharakteristische Beschwerden auftreten, wie zum Beispiel Schmerzen beim Wasserlassen, die zunächst eine Fehlinterpretation als Blasenentzündung (Zystitis) nahe legen.

Ein reaktivierter Herpes genitalis verläuft in der Regel deutlich schwächer als die Erstinfektion, zeigt aber auch die typische schmerzhafte Bläschenbildung im Bereich der betroffenen Areale.

Diagnose

Ein florider (=blühender) Genitalherpes ist bereits im Rahmen der körperlichen Untersuchung durch die charakteristische Bläschenbildung im Genitalbereich leicht zu diagnostizieren (Blickdiagnose).

Um den Erreger aber eindeutig identifizieren zu können, muss eine entsprechende Labordiagnostik erfolgen. Dazu entnimmt der behandelnde Arzt einen Abstrich von der infektiösen Bläschenflüssigkeit und lässt diesen im Labor untersuchen.

Differentialdiagnose

Leider zeigen Herpes genitalis-Erkrankungen nicht immer das typische, durch die charakteristischen Hautläsionen relativ leicht zu diagnostizierende Krankheitsbild. Es gibt zahlreiche Genitalinfektionen, deren Erscheinungsbild Ähnlichkeiten mit einer Herpesinfektion aufweist. So führen beispielsweise Pilzerkrankungen oder Infektionen mit verschiedensten Erregern (Trichomonaden, Treponema pallidum, Parasiten) ebenfalls zu starkem Juckreiz, Schmerzen, Rötung, Schwellung und Bläschenbildung im Genitalbereich.

Therapie und Behandlung

Die Möglichkeit einer definitiven Heilung existiert bei einer Herpes simplex-Infektion nicht, da beide Virustypen zeitlebens in speziellen Nervenzellen überdauern (Viruspersistenz).

Die medikamentöse Therapie erfolgt daher symptomorientiert: mittels virushemmender Medikamente, sogenannter Virustatika, gelingt es, die Vermehrung der Viren einzudämmen und somit auch die unangenehmen Symptome möglichst rasch zu lindern.

Diese Medikamente werden beim Genitalherpes in der Regel in Tablettenform eingenommen (orale Therapie). Sehr ausgeprägte Krankheitsverläufe und schwerwiegende Komplikationen erfordern jedoch eine Verabreichung der antiviralen (= gegen das Virus gerichtet) Substanz als Infusion über die Vene (parenterale/intravenöse Therapie) (nähere Informationen zu den einzelnen Virustatika unter den Substanznamen Aciclovir, Famciclovir und Valaciclovir).

Leidet ein Betroffener unter sehr häufig wiederaufflammenden Herpesinfektionen (über 6 x/Jahr) kann eine prophylaktische (= der Vorsorge dienend) Einnahme eines Virustatikums zu einer deutlichen Reduktion der Erkrankungshäufigkeit führen.

Komplikationen

Bei ansonsten gesunden Betroffenen, deren Abwehrsystem regelgerecht funktioniert, ist der Genitalherpes zwar eine unangenehme, aber zumeist komplikationslos ausheilende Erkrankung. Je früher die Infektion mit antiviralen Medikamenten behandelt wird, desto kürzer und unkomplizierter ist in der Regel der Krankheitsverlauf.

Anders sieht die Situation bei Betroffenen aus, die an einer angeborenen oder erworbenen Immunschwäche (Immundefizienz) leiden. Da es ihrem Abwehrsystem nicht gelingt, das Virus unter Kontrolle zu bringen, zeigen sie ein deutlich erhöhtes Risiko für langwierige und komplikationsreiche Krankheitsverläufe. Insbesondere bei AIDS-Patienten findet man schwerwiegende Komplikationen wie schlecht abheilende Hauterscheinungen und schwere Entzündungen von Auge, Bindehaut, Hirnhaut und Gehirn.

Durch Schmierinfektionen mit infektiösem Sekret aus den Herpesbläschen kann sich der Erreger prinzipiell auf sämtliche Körperstellen ausbreiten und dort Entzündungserscheinungen hervorrufen (Herpetische Keratokonjunktivitis, Eczema herpeticatum, siehe Einzelheiten auch unter Komplikationen beim Herpes labialis).

Die gefährlichste Komplikation einer HSV-2-Infektion ist aber die Herpesenzephalitis, eine durch Herpesviren verursachte Entzündung des Gehirns. Es handelt sich hierbei um die häufigste durch Viren ausgelöste Enzephalitis, die schon bei Verdacht einer virushemmenden Therapie bedarf, um bleibende Schäden oder gar den Tod des Betroffenen zu verhindern.

Ein besonderes Augenmerk ist auf Schwangere zu richten, die während ihrer Schwangerschaft zum ersten Mal an einem Genitalherpes erkranken, insbesondere dann, wenn die Hauterscheinungen zum Zeitpunkt der Geburt noch sehr ausgeprägt sind.

Während der Schwangerschaft besteht nämlich die Gefahr, dass die Viren über den Mutterkuchen auf das Ungeborene übertragen werden (diaplazentare Infektion, konnatale HSV-2-Infektion) und eventuell Entwicklungsstörungen verursachen oder schlimmstenfalls eine Fehlgeburt (Abort) auslösen.

Leidet die Schwangere unmittelbar um den Geburtszeitpunkt an einem floriden (= blühend) Genitalherpes, besteht für das Neugeborene ein extrem hohes Risiko, sich unter der Geburt im Geburtskanal zu infizieren (peripartale HSV-2-Infektion).

Da das Immunsystem von Neugeborenen noch nicht voll ausgereift ist, kann sich das Virus sehr viel leichter im gesamten Körper ausbreiten und sämtliche Organe befallen. Wird der gesamte Organismus ungehindert von Viren überschwemmt, entsteht eine sogenannten Herpes-Sepsis (= Blutvergiftung), die unbehandelt immer zum Tod des Neugeborenen führt.

Auch für die Entstehung einer schwerwiegenden Herpesenzephalitis besteht bei unter der Geburt infizierten Neugeborenen ein deutlich erhöhtes Risiko.

Die einzige Möglichkeit, eine solche peripartale Herpesinfektion mit entsprechenden Komplikationen zu verhindern, ist die Entbindung des Kindes per Kaiserschnitt (Sectio caesarea), da man auf diese Weise das Risiko eines direkten Kontakts mit den Erregern minimiert.

Impfung

Zur Zeit existiert noch kein geeigneter Impfstoff, der einen ausreichenden Schutz vor einer Erstinfektion mit Herpes simplex-Viren (HSV-1 und HSV-2) bietet. Diverse Impfstoffe sind aber bereits in der Erprobungsphase, so dass die berechtigte Hoffnung besteht, in naher Zukunft Herpesinfektionen mittels Schutzimpfung wirkungsvoll verhindern zu können.

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Weitere Informationen

Übersicht: Alle Krankheiten von A bis Z

Quellen/Redaktion

Autor:

Christine Yahya

Medizinisches Review:

Derzeit in Bearbeitung


Quellen:

Dr. Gerd Herold – Innere Medizin 2014

Duale Reihe – Pädiatrie / Gynäkologie & Geburtshilfe

Duale Reihe – Dermatologie