Blinddarmentzündung (Appendizitis)

Synonyme: Appendizitis, Wurmfortsatzentzündung
Blinddarmentzündung, Appendizitis, Wurmfortsatzentzündung

Als Appendizitis wird die Entzündung des Wurmfortsatzes (=Appendix vermiformis), eines etwa 8 cm langen Anhängsels des Blinddarms (Coecum) bezeichnet. Umgangssprachlich spricht man in diesem Zusammenhang auch von einer Blinddarmentzündung, in der Regel ist aber nicht der Blinddarm selbst, sondern nur der Wurmfortsatz von der Entzündung betroffen. Dieser stellt als sogenannte Darmtonsille einen wichtigen Bestandteil des darmeigenen Abwehrsystems (darmeigenes Immunsystem) dar.

Die Appendizitis gehört zu den häufigsten Ursachen des akuten Abdomens. Darunter versteht man einen Symptomkomplex, der sich aus akut auftretenden heftigen Bauchschmerzen und zusätzlichen Notfallsymptomen zusammensetzt und einen potentiell lebensbedrohlichen Zustand darstellt.

Eine Appendizitis kann prinzipiell in jedem Lebensalter auftreten, am häufigsten sind jedoch Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 9 und 15 Jahren betroffen.

Appendektomien (= operative Entfernung des Wurmfortsatzes) gehören heute zu den operativen Standardeingriffen in der Chirurgie und dauern meist nicht länger als einige Minuten.

Blinddarmentzündung (Appendizitis): Inhaltsverzeichnis

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Ursachen Blinddarmentzündung (Appendizitis)

Der Wurmfortsatz des Blinddarms besitzt nur eine Öffnung, die gleichzeitig Ein- und Ausgang darstellt, so dass es im Inneren leicht zur Ansammlung von Kotresten kommen kann. Die häufigste Ursache für die Entwicklung einer Appendizitis ist daher eine Abflussbehinderung im Bereich des Wurmfortsatzes durch Kotsteine oder zähen Stuhl, seltener auch durch Tumore, Parasiten (zum Beispiel Würmer) und Fremdkörper.

In solchen Fällen kann das Blut aus der Darmwand nicht mehr richtig abfließen und verursacht eine starke Schwellung der Appendix. Die im Darminhalt reichlich vorhandenen Bakterien verbleiben nun im Wurmfortsatz, können sich dort zügig vermehren und schließlich in die Darmschleimhaut eindringen. Es entwickelt sich eine rasch fortschreitende Entzündung, die sich innerhalb von 24 bis 36 Stunden derart verschlimmern kann, dass ein Durchbruch (= Perforation) in das umgebende Fettgewebe (= gedeckte Perforation) oder in die freie Bauchhöhle (= freie Perforation) droht und damit eine lebensgefährliche Komplikation ausgelöst wird.

Symptome und Anzeichen

Die Schmerzsymptomatik bei einer Appendizitis beginnt zumeist im Oberbauch (= Epigastrium) oder im Bereich des Bauchnabels (= periumbilikal). Zunächst beklagen Betroffene unregelmäßig wiederkehrende krampfartige Schmerzen, die sich dann innerhalb von etwa 4 Stunden als Dauerschmerz in den rechten Unterbauch verlagern. Der gesamte Bereich ist extrem druckempfindlich und angespannt. Beim Gehen oder Hüpfen verstärken sich die Schmerzen.

Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen kommen in der Regel als typische Symptome hinzu. Darüber hinaus zeigen die Betroffenen häufig leichtes Fieber um 38,5 °C, wobei ein Temperaturunterschied von etwa 1 °C zwischen der Körpertemperatur unter der Achsel (= axillar) und der im Darm (= rektal) besteht. Außerdem findet man zumeist erhöhte Entzündungswerte (Leukozytenzahl, CRP-Wert) im Blut.

Die oben beschriebene typische Symptomatik findet sich allerdings nur bei rund 50 % der Betroffenen. Insbesondere die verschiedenen Lagevarianten des Wurmfortsatzes führen dazu, dass sich die Schmerzen in ganz andere Bereiche des Bauches projizieren können.

Beobachtet man eine spontane deutliche Besserung der Schmerzen, ist dies in der Regel ein Alarmsignal, da ein Durchbruch der Entzündung in die Bauchhöhle zu einer spontanen Druckentlastung und damit auch kurzzeitig zu einem Nachlassen der Schmerzen führt. Eine solche Perforation stellt aber eine lebensgefährliche Komplikation dar und macht eine sofortige Operation (OP-Indikation) unabdingbar.

Diagnose

Eine akute Appendizitis mit lehrbuchartiger Symptomatik lässt sich bei sorgfältiger Befragung und Untersuchung des Patienten relativ leicht diagnostizieren. Es handelt sich hierbei aber lediglich um eine Verdachtsdiagnose, da eine endgültige Aussage über eine Entzündung des Wurmfortsatzes nur durch eine Operation getroffen werden kann. Die Summe verschiedener Symptome und diagnostischer Marker macht eine Appendizitis aber äußerst wahrscheinlich.

Neben Blutentnahme und Messung der Körpertemperatur ist die Tastuntersuchung des Bauches (= Palpation des Abdomens) wichtigster Bestandteil der Diagnoseerhebung. Es existieren verschiedene charakteristische Druckpunkte und Schmerzzeichen, die hinweisgebend für eine akute Appendizitis sind (McBurney-Punkt, Lanz-Punkt, Blumberg-Zeichen, Rovsing-Zeichen, Psoas-Zeichen). Auch ein vorsichtiges Abtasten des Enddarms mit dem Finger (digitorektale Untersuchung) gehört zur Diagnosestellung dazu.

Zusätzlich hat sich in den letzten Jahren die Ultraschalluntersuchung (= Sonographie) als diagnostisches Mittel bewährt. Erfahrene Untersucher erreichen eine Treffsicherheit von über 90 %, allerdings sollten Ultraschallbefunde nur in Kombination mit der klinischen Symptomatik des Patienten interpretiert werden.

In manchen Fällen kann es hilfreich sein, vor einer endgültigen Therapieentscheidung eine Computertomographie (CT) durchzuführen. Insbesondere bei älteren Patienten mit unklarem Ultraschallbefund bzw. stark geblähtem Bauch kann eine CT neben der Appendizitis auch andere entzündliche oder tumoröse Darmerkrankungen aufdecken.

Differentialdiagnose

Prinzipiell kann die Appendizitis jeden Zustand des akuten Abdomens vortäuschen. Es existiert eine Reihe von Erkrankungen sämtlicher Bauch- und Beckenorgane, die eine ähnliche Symptomatik zeigen können und daher bei der Diagnoseerhebung ausgeschlossen werden müssen. Akute Entzündungen verschiedenster Darmabschnitte (z. B. Ileitis terminalis, Divertikulitis) oder der Gallenblase (= Cholezystitis), ein geplatztes Dünndarmgeschwür (= perforiertes Ulcus duodeni), eine Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter (= Extrauteringravidität) oder auch ein Krebsgeschwür des Dickdarms (= Kolonkarzinom) seien hier nur beispielhaft aufgeführt.

Therapie und Behandlung

Therapie der akuten Appendizitis ist die operative Entfernung des entzündeten Wurmfortsatzes (= Appendektomie). Bei unkomplizierten Verläufen kann dies in der Regel mittels einer Bauchspiegelung (= Laparoskopie) erfolgen. Dabei werden über winzige Schnitte am Bauch diverse Instrumente in die Bauchhöhle eingeführt und diese zunächst gründlich inspiziert. Liegt definitiv eine Appendizitis vor, kann nun der Wurmfortsatz über die gleichen Zugänge entfernt werden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem minimalinvasiven Eingriff mittels schonender „Schlüssellochtechnik“. Ist der Entzündungsprozess bereits deutlich vorangeschritten oder der Wurmfortsatz perforiert, muss auf die herkömmliche offene Operationsmethode umgestellt werden.

Komplikationen

Die häufigste Komplikation der akuten Appendizitis ist die Perforation, sprich der Durchbruch der Entzündung in das umgebende Fettgewebe (= gedeckte Perforation) oder die freie Bauchhöhle (= freie Perforation). Eine gedeckte Perforation kann zu ausgeprägten Abszessbildungen in der Umgebung führen, während bei der freien Perforation Kot, Eiter und Bakterien direkt in die Bauchhöhle gelangen und das Bauchfell (= Peritoneum) in Mitleidenschaft ziehen. In diesem Fall ist eine absolute Notfallsituation gegeben, da eine großflächige Bauchfellentzündung (= generalisierte Peritonitis) zumeist rasch voranschreitet und eine lebensbedrohliche Komplikation darstellt.

Unmittelbar nach der Operation (= postoperativ) können vermehrt Wundinfektionen auftreten, insbesondere im Bereich der Bauchdecke (Bauchdeckenabszess). Darüber hinaus entstehen nach Entzündungen bzw. Operationen im Bauchraum häufig Verwachsungen (= Adhäsionen) zwischen Organen, Darmanteilen und Bauchfell. Diese können wiederum zu chronischen Bauchschmerzen, Unfruchtbarkeit und im schlimmsten Fall zu einem lebensgefährlichen Darmverschluss führen.

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Quellen/Redaktion

Autor:

Christine Yahya

Medizinisches Review:

Derzeit in Bearbeitung


Quellen:

Duale Reihe – Chirurgie

Duale Reihe – Pädiatrie